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Tschick

2. Abschnitt (Kapitel 5-8)

Zusammenfassung

Maik hat keinen Spitznamen, was in seinen Augen entweder darin liegt, dass er langweilig ist oder keine Freunde hat oder, im schlimmsten Fall, an beidem. In der Grundschule hatte er einen besten Freund: Paul. Doch als dieser aus der Stadt ins Grüne zog, hat er sich verändert. Pauls Eltern ließen sich scheiden. Maik hat ihn dann noch wenige Male besucht, konnte aber mit Pauls neuen Interessen nichts anfangen.

Auf dem Gymnasium hat er keine Freunde. Es fällt ihm schwer, auf andere zuzugehen. Bisher hat er damit kein Problem gehabt, bis Tatjana kam. Sie ist schon immer in ihrer Klasse gewesen, doch in der 7. fiel sie ihm plötzlich auf. Eigentlich kennt er sie überhaupt nicht richtig: Er weiß über sie nur die Dinge, die jeder weiß. Aber dass sie super ist, ist für Maik eine Selbstverständlichkeit.

Eine Zeit lang hatte Maik den Spitznamen »Psycho«. Grund dafür lieferte eine Reizwortgeschichte, für die sich die meisten auf das Wort »Urlaub« stützen. Maik ist allerdings seit drei Jahren nicht mehr im Urlaub gewesen, da sein Vater auf den Bankrott zusteuert. Stattdessen hat er Bumerangs geschnitzt und den Lehrer bewundert, der es ihm beigebracht hat. Maik schreibt in seinem Aufsatz über den Aufenthalt seiner Mutter auf der Beautyfarm. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine Entzugsklinik, denn seine Mutter ist Alkoholikerin. Außerdem ist sie ziemlich gut im Tennis. Maik erinnert sich an Tage auf dem Tennisplatz, an denen er Eis und Cola bekam, während seine Mutter ihren Alkoholkonsum nicht versteckte. Allerdings lehnt Maiks Mutter es ab, dass ihr Sohn sie in der Klinik besucht. Die dort angewandten Prinzipien wie Gesprächsgeflechte aus Wollknäuel oder Pappkartons mit Wünschen, die bei den meisten »Gott«, bei Maiks Mutter jedoch »Karl-Heinz« heißen, findet Maik bescheuert. Auch seine Familie lacht darüber.

All das verarbeitet Maik in seinem Aufsatz und hält ihn für außerordentlich gut gelungen. Die Klasse findet es urkomisch, sein Lehrer hingegen weniger. Herr Schürmann kritisiert ihn nach der Stunde scharf, wie er so über seine Mutter schreiben könne. Maik erkennt, dass er einen Fehler gemacht hat, doch warum ist ihm nicht klar. Schürmann wird laut und fordert Maik zum Nachdenken auf. Bis heute versteht Maik den Grund nicht.

Wegen seines Aufsatzes wird Maik von allen »Psycho« genannt, bis André Langin in die Klasse kommt. Maik kann ihn nicht leiden. André hat ständig neue Freundinnen und es auch schon bei Tatjana versucht. Allerdings glaubt Maik, dass sie nicht zusammen gewesen sind. Bei einem Waldspaziergang fragt André, ohne Maik auch nur anzusehen, und seinen Arm jeweils rechts und links um ein Mädchen gelegt, warum Maik eigentlich »Psycho« genannt wurde, wenn er doch so langweilig sei. Die Mädchen lachen. Von da an heißt Maik wieder Maik, was für ihn noch schlimmer ist als vorher.

Maik kann vieles nicht, aber im Hochsprung ist er gut. Normalerweise müssen sie immer joggen und sich die Monologe von ihrem Sportlehrer Herr Wolkow anhören. Aber als dieser eine schlimme Halsentzündung hat, machen sie Hochsprung. Die Mädchen hören einen Vortrag von Frau Beilcke. In Wirklichkeit beobachten sie aber die Jungen, unter ihnen auch Tatjana. Als André dran ist, jubeln die Mädchen ihm zu, aber er schafft die Höhe nicht. Dann ist Maik an der Reihe und fliegt regelrecht über die Stange. Doch niemand sieht hin. Die Mädchen schauen wieder zu Frau Beilcke. Daraus schlussfolgert Maik, dass er für niemanden interessant und die Schule einfach nur blöd sei. Das ändert sich, als er Tschick kennenlernt.

Analyse

Mit dem 5. Kapitel beginnt der zweite Erzählabschnitt, der in einer umfassenden Rückblende bis einschließlich dem 44. Kapitel die Geschehnisse bis zu Maiks Befragung auf der Polizeistation in Kapitel 1 beschreibt. Die Erzählung erfolgt aus einer zeitlichen Distanz und daher im Präteritum. Aus dem erlebten Ich wird ein erzählendes Ich. In den Kapiteln 5 bis 8 erzählt Maik seine persönliche Vorgeschichte, die sich insbesondere auf seine Erfahrungen im Schulalltag bezieht, bis Tschick in sein Leben tritt. Allerdings werden auch familiäre Aspekte thematisiert, die einen weiteren Zeitsprung bis in Maiks Kindheit beinhalten.

Zu Beginn des 5. Kapitels stellt sich Maik mit vollem Namen vor. Dass er keinen Spitznamen besitzt, ist für ihn ein Indiz dafür, dass er langweilig ist und keine Freunde hat. Maik nimmt somit die Rolle eines Außenseiters und Einzelgängers ein, die ihn nicht gestört hat, bis er anfing, sich für Tatjana zu interessieren. Die Subjektivität des Erzählers wird an Tatjanas Beschreibung besonders deutlich: »Weil, kann sich ja jeder vorstellen, wie sie aussieht: Sie sieht super aus.« (23)

Maiks Verliebtsein wird durch seine große Angst vor Zurückweisung eingeschränkt. Diese findet ihren Ursprung in Maiks geringem Selbstbild. Er hegt eine große Abneigung gegenüber dem Neuzugang André Langin, der keine Schwierigkeiten mit Mädchen zu haben scheint, und auf den er eifersüchtig ist: »Auch an Tatjana hat er mal kurz rumgegraben, da wurde mir wirklich anders.« (33)

Seine Außenseiterposition wird auch durch das Verhältnis zu seinen Eltern verstärkt. Seine Mutter ist seit Jahren Alkoholikerin und hat regelmäßige Aufenthalte in einer Klinik, für die die Familie das Synonym »Schönheitsfarm« oder »Beautyfarm« verwendet, das auch als Euphemismus (Beschönigung) gedeutet werden kann. Der Alkoholismus ist offensichtlich und war bereits in Maiks Kindheit spürbar. Maik hat deswegen keine Abneigung gegenüber seiner Mutter, im Gegenteil - er hält sie für witzig. Er erkennt jedoch auch die bestehende Gefahr, wie in Situationen, in denen seine Mutter mit dem Küchenmesser durch die Wohnung läuft.

Dass die Familie nicht in bester Verfassung ist, zeigt auch der Hinweis, dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage seit Jahren nicht in den Urlaub gefahren ist. Diese Problematiken beschäftigen Maik, sodass er sie in einem langen Aufsatz festhält, als hätte er endlich ein Ventil gefunden, darüber zu berichten. Leider fehlt dem Lehrer Herr Schürmann, die Empathie oder schlichtweg das Wissen bezüglich Maiks Familiensituation. Er hinterfragt Maiks Motivation, einen solchen Aufsatz zu schreiben, nicht. Die Ablehnung für seine Arbeit verunsichert Maik und schafft eine Distanz zwischen dem 14-Jährigen und dem Erwachsenen.

Der Spitzname »Psycho« wird Maik durch Andrés Kommentar streitig gemacht. Er ist wieder »nur« Maik, was für ihn »Niemand« bedeutet und dadurch seine Chancen auf Tatjanas Aufmerksamkeit und seinen Wunsch nach Zuneigung und Zugehörigkeit untergräbt.

Besonders deutlich macht Maik sein Empfinden mit der Erfahrung beim Hochsprungwettkampf, die im 8. Kapitel beschrieben wird. Er vergleicht sich dabei klar mit den anderen Schülern und zieht dazu die Reaktionen der Mädchen heran. Seine Wahrnehmung des Sprungs: »Ich sprang überhaupt nicht, ich segelte über die Anlage wie ein Flugzeug, ich stand in der Luft, ich schwebte. Maik Klingenberg, der große Leichtathlet« (39), steht in eindeutigem Kontrast zu der nachfolgenden Reaktion: »Keins von den Mädchen hatte meinen Sprung gesehen. Es interessierte sie nicht, was die psychotische Schlaftablette sich da zusammensprang.« (39) Dieser Vermerk drückt Maiks negatives Selbstbild aus. Die darin anklingende Ironie deutet auf seine Unsicherheit hin. Zu diesem Zeitpunkt glaubt Maik, dass sich seine Position in der Klasse niemals ändern wird. Durch die Distanz zum Geschehen gibt der Ich-Erzähler jedoch den Ausblick, dass Tschick für eine Veränderung sorgt.

Veröffentlicht am 28. Dezember 2023. Zuletzt aktualisiert am 28. Dezember 2023.