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Tschick

3. Abschnitt (Kapitel 9-11)

Zusammenfassung

Niemand, darunter auch Maik, kann Tschick leiden. Er gilt als »Asi«, der auch so aussähe. Der Geschichtslehrer Wagenbach muss ihn an seinem ersten Tag förmlich in den Unterricht zerren und hat Schwierigkeiten, seinen eigentlichen Namen, Andrej Tschichatschow, auszusprechen.

Tschick wirkt neben der Spur und erweckt bei Maik sofort ein ungutes Gefühl wegen seines schmuddeligen Erscheinungsbildes. Wagenbach fragt ihn, ob er etwas über sich erzählen möge, was Tschick verneint. Der Höflichkeit wegen will Wagenbach, dass Tschick der Klasse vorgestellt wird. Dabei vermischt er Tschicks russische Herkunft mit historischen Ereignissen. Tschick bleibt völlig unbeeindruckt. Schließlich kommt Wagenbach zum Punkt, dass Tschick vor vier Jahren mit seinem Bruder nach Deutschland kam und es in dieser Zeit von der Förderschule aufs Gymnasium geschafft habe. Wagenbach hält dies für ungewöhnlich, Tschick hingegen nicht. Der Lehrer weist ihm den letzten Tisch ganz hinten zu und als Tschick an Maik vorbeigeht, weht ihm eine Alkoholfahne entgegen, die ihn sofort an seine Mutter erinnert. Die Schüler drehen sich immer wieder erwartungsvoll zu Tschick um, doch dieser verhält sich unauffällig.

Tschick trägt immer dasselbe Hemd, gibt knappe Antworten und freundet sich mit niemandem an. Circa einmal die Woche riecht er nach Alkohol, was er versucht, mit Pfefferminzkaugummi zu überdecken. Da niemand etwas über ihn weiß, beginnen Gerüchte zu kursieren, doch auch das legt sich irgendwann, zumindest in Maiks Klasse. Tschick bekommt seinen Spitznamen. Manche nennen ihn »Förderschüler«.

Auf dem Parkplatz, wo sich hauptsächlich die älteren Schüler aufhalten, bleibt Tschick noch länger Thema. Sie hänseln und beschimpfen ihn, bis Tschick eines Tages direkt auf sie zugeht. Mit leiser Stimme redet er auf einen älteren Schüler ein, dem dabei das Grinsen vergeht. Seitdem wird Tschick nicht mehr belästigt. Dass seine Familie bei der russischen Mafia sei, wird hingegen zum heißesten Gerücht. Maik glaubt nicht daran.

Als sie eine Mathearbeit zurückbekommen, spricht der Mathelehrer Herr Strahl eindringlich mit Tschick. Er müsse den Stoff nachholen und solle um Unterstützung von den anderen Schülern bitten. Tschick nickt verständnisvoll und kippt vom Stuhl, da er auf nüchternen Magen Alkohol getrunken hat. Tschick muss sich im Sekretariat übergeben und wird mit Begleitung nach Hause geschickt.

Von da an schwanken seine Noten rapide zwischen Zweien und Fünfen. Herr Strahl will ihn weiter motivieren, doch scheint nicht zu bemerken, dass Tschicks Leistungen davon abhängig sind, ob er nüchtern oder betrunken ist. Sein Alkoholkonsum wird auffällig. Es werden Gespräche mit Tschick geführt, aber er erhält keine Bestrafungen. Maik glaubt, das liege an dem Versuch, ihn zu integrieren. Die Lage beruhigt sich. Tschick hat nur noch wenige Aussetzer. Ansonsten fällt er nicht weiter auf. In einer Interpretation für den Deutsch-Unterricht versetzt Tschick die Handlung in ein Verbrecher-Mafiosi-Szenario. Der Lehrer Herr Kaltwasser reagiert darauf mit kommentarloser Anspannung. Die Sommerferien stehen kurz vor der Tür.

Analyse

In den Kapiteln 9 bis 11 werdenTschicks Ankunft und fragliche Integration in die Klasse beschrieben. Auffällig ist, dass Maik ihm zu Beginn abfällig gegenüber steht: »Zwei Arschlöcher [Herr Wagenbach und Tschick] auf einem Haufen, dachte ich, obwohl ich ihn gar nicht kannte und nicht wusste, ob er ein Arschloch war.« (42) Die Abneigung bezieht sich insbesondere auf Äußerlichkeiten, die Maik mit dem Wort »Asi« (41) zusammenfasst. Aber auch rassistische Bemerkungen über Tschicks Augen wie »Schlitze« (42) oder »Mongolenaugen« (43) werden für die Beschreibung benutzt. Diese machen ihn bereits vom ersten Augenblick an zum Außenseiter. Tschick scheint diese Position widerstandslos hinzunehmen beziehungsweise bereits gewohnt zu sein. Während Wagenbachs historische Randbemerkungen zur Untermauerung Tschicks Heimatlandes positiv angedacht sind, wird Tschick vor allem Ablehnung aufgrund seiner russischen Herkunft entgegengebracht. Die Schüler benutzen dafür unter anderem die abwertende Bezeichnung »Iwan« (48), die auch später von Horst Fricke verwendet wird.

Tschick hebt sich aber nicht nur durch sein Äußeres von den anderen Schülern ab. Von Wagenbachs Autorität lässt er sich nicht einschüchtern. Er widerspricht ihm sogar. Es gelingt Tschick, den Sticheleien der älteren Schüler ein Ende zu bereiten. Dadurch feuert er jedoch auch die Gerüchteküche an. Maik versucht sich von diesen nicht beeindrucken zu lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt meidet er ihn, so wie alle anderen.

Mit Tschicks Auftreten im Roman wird Alkoholkonsum auch auf der Ebene der Jugendlichen thematisiert und etabliert die Auseinandersetzung mit Sucht und Suchtmitteln (vgl. Möbius, 85f.) Tschicks Alkoholkonsum sollte von den Lesenden kritisch betrachtet werden: Erstens sollte Tschick in einem Alter von 14 Jahren keinen Zugang zu Alkohol haben, zweitens zeigt sich deutlich, wie sehr er davon beeinträchtigt wird, sei es anhand seines Verhaltens oder seiner Noten. Für Maik wirkt der Geruch seiner Alkoholfahne am ersten Schultag zusätzlich wie ein Warnzeichen. Von einer bevorstehenden Freundschaft ist zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu spüren.

Trotzdem verteidigt Maik Tschick vor den anderen, auch wenn die Motivation daher rührt, Kallenbach zu widersprechen: »Aber es gab auch Leute, die ihn verteidigten, die meinten, dass er in Wirklichkeit gar nicht dumm war. ›Jedenfalls garantiert nicht so dumm wie Kallenbach‹, behauptete ich irgendwann, denn ich war einer von diesen Leuten.« (47)

Am Ende des 11. Kapitel erfolgt eine zeitliche Einordnung der Geschehnisse, womit dieses auf den Zeitraum kurz vor den Sommerferien datiert wird.

Veröffentlicht am 28. Dezember 2023. Zuletzt aktualisiert am 28. Dezember 2023.