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Krabat

Das dritte Lehrjahr, Kapitel 28-30

Zusammenfassung

Der Meister ist in den nächsten Tagen auffallend freundlich zu Krabat und entschuldigt sich sogar für das Gespräch. Da er sein bester Schüler sei, wolle er ihn mit einem freien Tag belohnen, an dem Krabat auch ausgehen dürfe. Krabat ahnt, dass es sich um eine Falle handelt und entschließt, den Tag in Maukendorf zu verbringen statt bei der Kantorka in Schwarzkollm. Da sein Weg ihn durch Schwarzkollm führt, sagt er der Kantorka in Gedanken, dass sie das Haus nicht verlassen darf.

Bevor er loszieht, setzt sich Juro zu ihm hinter den Holzschuppen ins Gras und zieht einen Zauberkreis um die beiden, der bewirkt, dass der Meister für die Dauer des Gesprächs nicht an sie denkt und somit auch nicht zuhört. Krabat erkennt, dass Juro nicht so dumm ist, wie er vorgibt und dass er es war, der den Bauern den Schnee und Lyschko die Albträume herbeigezaubert hat.

Juro warnt ihn, da Krabat in großer Gefahr schwebe. Er erklärt, dass der Meister in der Silvesternacht stets einen seiner Mühlknappen an den Herrn Gevatter opfern müsse und dass es stets diejenigen treffe, die zu viel in der Schwarzen Schule lernen. Juro weiß von dem Pakt mit dem Herrn Gevatter, weil der Meister ihn so unterschätzt, dass er ihn die Schwarze Kammer putzen lässt. Bei diesen Gelegenheiten habe er dies im Koraktor, dem Zauberbuch des Meisters, gelesen. Außerdem erklärt er Krabat, dass der Meister besiegbar sei. Hierfür muss das Mädchen, das ihn liebt, den Meister um Krabats Freispruch bitten und eine Probe bestehen, auf die Juro noch nicht näher eingehen will. Er warnt Krabat, dass der Meister nicht mitbekommen dürfe, um welches Mädchen es sich handelt, da er sie sonst in den Tod treiben würde, wie er es mit Tondas Freundin Worschula getan hatte. Der Meister hatte sie mit Albträumen geplagt, bis sie ins Wasser ging, um zu ertrinken.

Nach dem Gespräch mit Juro bricht Krabat nach Maukendorf auf – als er Schwarzkollm durchquert, begegnet er der Kantorka nicht. In Maukendorf feiert er in einer Schenke und fängt dort einen Streit an. Mithilfe von Zauberei sorgt er dafür, dass die Burschen in der Kneipe sich gegenseitig schlagen, statt auf ihn loszugehen.

Als Krabat wieder zurück an der Mühle ist, erzählt er dem Meister auf dessen Nachfrage hin, wie er den Tag verbracht hat. Der Meister gibt ihm fortan jeden Sonntag frei, doch keiner der anderen Mühlknappen darf mit ihm ausgehen. Als Krabat dies fragt, will der Meister wissen, ob er auch Lyschko mitnehmen würde, und es stellt sich heraus, dass auch der Meister Lyschko nicht leiden kann.

Als der Meister die Mühle für einige Tage verlässt, trifft Krabat sich nachts heimlich mit Juro. Dieser erzählt ihm von der Probe, die die Kantorka bestehen müsste, um Krabat zu retten und dafür zu sorgen, dass der Meister selbst in der Neujahrsnacht sterben muss. Der Koraktor beschreibt, dass das Mädchen den Mühlknappen unter allen anderen erkennen muss, um ihn zu befreien. Ein ehemaliger Geselle namens Janko habe dies gewusst und versucht, erzählt Juro. Doch der Meister habe sie gezwungen, sich in Raben zu verwandeln und den Schnabel unter dem linken Flügel zu verbergen. Jankos Mädchen hat es nicht geschafft, den richtigen Raben auszuwählen und am Ende der Nacht waren sie und Janko tot. Der Einzige, der es seither gewagt hat, sei Tonda gewesen, doch dies konnte der Meister noch vor der Probe verhindern.

Die übrigen Burschen trauten sich nicht, es zu versuchen und hofften lieber, dass der Meister ein anderes Opfer wählt. Außerdem erklärt Juro, dass sie alle ihre Zauberkräfte verlieren würden, wenn der Meister auf diese Weise sterben würde – auch dies sei ein Grund für einige, sich dem Meister zu fügen. Er selbst habe schlichtweg Angst und kenne außerdem kein Mädchen, das ihn freibitten würde.

Sollten Krabat und die Kantorka versuchen wollen, die Mühle zu befreien, schlägt Juro eine List vor. Bei der Probe soll Krabat den Schnabel unter seinen rechten Flügel schieben, damit die Kantorka ihn erkennt. Hierfür muss er lernen, seinen Willen gegen den des Meisters durchzusetzen. Juro übt dies fortan in jeder Nacht mit ihm, die der Meister außerhalb der Mühle verbringt und am Ende des Sommers bemerkt Krabat erste Erfolge.

An einem Abend Anfang September lädt der Meister alle Müllerburschen zum Umtrunk ein, um ihnen zu erzählen, wie die Geschichte mit seinem Freund Jirko weiterging. Im Krieg gegen die Türkei mussten er und Jirko aus der Lausitz verschwinden – der Meister schloss sich dem Heer des Kaisers an, wusste jedoch nicht, dass Jirko dem türkischen Sultan als Zauberer diente. Der Meister bot sich an, in das gegnerische Lager zu gehen, um einen gefangen genommenen Marschall zu befreien. Die übrige Geschichte sollen die Burschen selbst erleben. Er wählt Krabat aus, um seine eigene Rolle zu übernehmen und Juro, der Jirkos Rolle spielen soll. Krabat ahnt, dass dies ein Test ist, um ihre Freundschaft zu enttarnen, doch sie müssen mitspielen. Die Burschen werden müde, schließen die Augen und erleben die restliche Geschichte selbst.

Krabat fliegt mit seinem Pferd ins türkische Lager und erreicht unsichtbar das Zelt, in dem der Marschall – gespielt vom Müller selbst – gefangen gehalten wird. Er befreit ihn, doch auf dem Rückweg holt sie ein schwarzer Adler ein, den er als Juro erkennt. Juro warnt sie mehrfach, sich zu ergeben, damit sie nicht sterben müssten, doch der Marschall von Sachsen befiehlt ihm, den Adler zu erschießen. Da der Zauberer nicht mit Kugeln aus Eisen oder Blei, sondern nur durch goldene Munition getötet werden kann, gibt der Marschall ihm einen goldenen Knopf, mit dem er seine Flinte laden soll. Krabat jedoch lässt den Knopf fallen und schießt nur mit Pulver auf seinen Freund. Juro stößt einen Todesschrei aus.

Als die Burschen erwachen, liegt Juros Kopf in einer roten Pfütze und sieht aus, als sei er tatsächlich gestorben. Lobosch weint um ihn, doch Juro entgegnet, es sei ja bloß ein Spiel gewesen. Auf seiner Stirn ist ein runder, roter Fleck zu sehen, als hätte Krabat tatsächlich mit der Kugel auf ihn geschossen. Der Meister wird wütend und befiehlt ihnen, zu schweigen. Er schreit, dass er die Geschichte mit Jirko nicht bloß geträumt, sondern wirklich erlebt habe und dass er getan habe, was sie alle getan hätten. Schließlich schickt er die Burschen weg und bleibt mit dem Weinkrug allein zurück.

Als Krabat und Juro später in der Nacht miteinander sprechen, ist Krabat aufgewühlt darüber, Juro erschossen zu haben. Dieser stellt klar, dass er nicht wirklich mit dem Goldknopf geschossen habe und dass Juro dies hatte kommen sehen. Den Todesschrei und den Fleck auf der Stirn hatte er zur Tarnung durch Zauberei simuliert.

Analyse

In Kapitel 28 erkennt Krabat schließlich Juros Tarnung. Juro hat diese Tarnung während seiner Jahre auf der Mühle aufgebaut und aufrechterhalten, »um nicht den Argwohn des Meisters auf sich zu ziehen und am nächsten Silvesterabend dem Gevatter geopfert zu werden.« (Kulik 188) So konnte er sich heimlich mit dem Koraktor befassen und Wissen aneignen, durch welches er letztlich zu Krabats wichtigster Helferfigur wurde. (Vgl. ebd.) Da er als einziger der Mühlknappen eine Tarnung gefunden hat, die der Meister nicht durchschaut, kann er sogar als der klügste Schüler betrachtet werden. Als einziger Mühlknappe, der von dem Pakt mit dem Herrn Gevatter und der Probe zur Freibittung der Mühlknappen weiß, erhebt er sich in den Kreis der wichtigsten Figuren der gesamten Geschichte.

    Ohne Juro wäre damit ein Sieg des Guten nicht möglich gewesen. Das Gute siegt demnach auch in ‚Krabat‘ nicht durch die Leistung eines einzelnen, sondern durch Kooperation, so dass unter den Streitern gegen das Böse nicht vorhandene oder nur gering ausgeprägte Hierarchien angenommen werden können. (ebd. 189)

Die Probe, von der Juro Krabat berichtet, bildet einen weiteren Beweis für die Macht des Guten. Die Probe geht davon aus, dass nur ein Paar, das sich wahrhaftig liebt, einander blind erkennt. Die Liebe bildet den höchsten Wert im christlichen Wertesystem. Hier »zeigt sich noch einmal, dass das Gute durch ein christliches System repräsentiert wird.« (ebd. 187)

Als Krabat hinterfragt, wieso die übrigen Mühlknappen bisher nicht versucht haben, die Mühle zu befreien, führt Juro mehrere Gründe an:

    Die meisten […] kennen ihn nicht – und die wenigen, die Bescheid wissen, hoffen von Jahr zu Jahr, dass sie ungeschoren davonkommen: Wir sind zwölf und es trifft ja nur einen in der Silvesternacht. Außerdem ist da noch was im Spiel, was du wissen solltest. Gesetzt, dass ein Mädchen die Probe besteht und der Meister wird überwunden, dann ist es im Augenblick seines Todes um alles geschehen, was er uns je gelehrt hat: dann sind wir mit einem Schlag weiter nichts als gewöhnliche Müllerburschen – und aus ist’s mit aller Zauberei. (S. 219f.)

Hier werden drei Gründe angeführt, die sicherlich auch in der Realität gegen die Bekämpfung einer bösen Macht sprechen. Unwissenheit, die eigene (potenzielle) Unbetroffenheit und Egoismus werden – gemeinsam mit dem Motiv der Angst – beispielsweise häufig genannt, wenn es um die vielen Mitläufer zu Zeiten des Nationalsozialismus geht. Eine weitere Rechtfertigung, die sich auf politischer Ebene deuten lässt, findet sich in der Erzählung des Meisters in Bezug auf die Tötung seines Freundes Jirko.

Der Meister lässt Krabat und Juro seine Geschichte in einer Traumsequenz nachspielen, um die Freundschaft der beiden zu testen und die Unausweichlichkeit seiner eigenen Tat zu demonstrieren, da er davon ausgeht, dass auch Krabat Juro erschießen wird. (Vgl. Drumm 181) Die Burschen durchschauen seinen Plan und siegen bereits in dieser Probe, indem sie auf die Freundschaft und das Vertrauen des jeweils anderen setzen. (Vgl. ebd.) Die Bedeutung der Szene liegt darin, »die angebliche Rechtfertigung des Meisters als bloße Ausrede zu entlarven« (ebd.) und seine Schuld durch das Aufzeigen einer Alternative zu beweisen. Die Rechtfertigung, dass jeder an Stelle des Meisters so gehandelt hätte, lässt sich auch auf die Rechtfertigung der Kriegsgeneration gegen die 68er-Revolte betrachten. (Vgl. ebd.)

Veröffentlicht am 11. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 11. Juli 2023.