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Krabat

Das erste Lehrjahr, Kapitel 10-12

Zusammenfassung

Zur Handlungszeit führt der Kurfürst von Sachsen bereits seit Jahren Krieg mit dem schwedischen König um die polnische Krone. Eines Abends kommt ein Trupp Soldaten in den Koselbruch, die neue Männer für den Kriegsdienst anwerben sollen. Der Meister hatte die Mühle für mehrere Tage verlassen, sodass die Mühlknappen allein dort waren. Die Soldaten quartieren sich über Nacht in der Mühle ein und verlangen von den Knappen die besten Schlafplätze und das beste Essen, das es in der Mühle gibt.

Über den unfreundlichen Befehlston verärgert, schmieden die Knappen – angeführt von Andrusch – einen Plan. Sie besorgen Kleie und Sägemehl, ranziges Öl, schimmliges Brot und brackiges Traufwasser, zaubern daraus ein optisches Festmahl und servieren dies den Soldaten. Der Leutnant und der Korporal sind zufrieden, die Soldaten speisen und die Mühlknappen lachten darüber, da sie durch den Zauber sahen, was die Männer wirklich verspeisten. Schließlich beginnen Leutnant und Korporal, die Jungen für den Kriegsdienst anzuwerben und als sie einwilligen, prüft der Korporal ihre Zähne, da die bei einem guten Soldaten zum Patronen abbeißen gut sitzen müssten. Dabei bricht er Andrusch zwei Zähne heraus, die dieser sich wieder einsetzt – zur Verwirrung der Männer halten die Zähne danach tadellos. Am Ende des Abends schicken die Mühlknappen Leutnant und Korporal in die besten Betten der Mühle – am Morgen erwachen sie in einer Rübenkiste und im Schweinetrog, woraufhin die Müllerburschen erklären, dass sie Schlafwandler sein müssen. Nach dem Frühstück brechen die Soldaten mit ihren neuen Rekruten auf nach Kamenz. Die Mühlknappen sind bei bester Laune, während die Soldaten mit einem verdorbenen Magen zu kämpfen haben.

Kurz bevor sie Kamenz erreichen, beginnen die Mühlknappen, nur mit ihren Händen Instrumente nachzuahmen und so zieht der Trupp zum Entsetzen der Soldaten als ganzes Orchester in Kamenz ein. Als auch der dort ansässige Obrist auftaucht, beginnen sie, schwedische Marschmusik zu spielen und dazu zu traben. Wütend beobachtet er, wie der Leutnant, durch Magie gezwungen, aus seinem Säbel ein Steckenpferd gemacht hat. Als das Schauspiel endet, schreit der Obrist die Jungen an. Tonda unterbricht ihn, sie seien ohnehin nicht für den Kriegsdienst gemacht. Daraufhin verwandeln sich alle zwölf in Raben und fliegen davon.

In der zweiten Oktoberhälfte fährt Krabat mit einigen anderen Mühlknappen davon, um einige Fuder Torf zu holen. Krabat will unterwegs nach Pilzen suchen und Tonda leiht ihm sein Messer, das schwarz verfärbt ist, als Tonda es zückt, sich in Krabats Hand jedoch wieder normalisiert. Unterwegs kommen sie an der Stelle vorbei, an der Tonda in Krabats Traum begraben lag. Tonda schenkt Krabat sein Messer als Andenken an ihn. Auf Krabats Frage sagt er, er werde sie vielleicht verlassen. Krabat ist entsetzt darüber und bittet ihn, zu bleiben, doch Tonda entgegnet, dass man mit manchen Dingen, die passieren, einfach fertigwerden müsse. Er erklärt Krabat weiterhin, dass das Messer die besondere Eigenschaft besitze, dass seine Klinge sich schwarz färbe, wenn dem Träger Gefahr drohe.

Zwei Wochen nach Allerheiligen bricht der Winter ein und Krabat bemerkt, dass alle Mühlknappen merkwürdig mürrisch werden. Je näher das Jahresende kommt, desto schlechter wird ihre Laune. Nur Tonda bleibt so freundlich wie zuvor. Als Krabat den Tisch zu Weihnachten mit Tannenzweigen schmückt, sind die Mühlknappen außer sich und verlangen, dass er die Dekoration sofort wegschaffe. Krabat wendet sich an Tonda, um herauszufinden, wieso sich die übrigen Mühlknappen so merkwürdig benehmen, und dieser erklärt, sie hätten Angst, er dürfe jedoch nicht über den Grund sprechen. Er selbst gibt zu, mehr Angst zu haben, als Krabat ahnen könne.

Am Silvesterabend gehen die Mühlknappen früher als üblich zu Bett – den Meister haben sie den ganzen Abend nicht gesehen. Als Krabat seinen Mitgesellen eine gute Nacht wünscht, bewerfen sie ihn mit Schuhen. Tonda verteidigt ihn und wünscht ihm, gut ins neue Jahr zu kommen. Gegen Mitternacht erwacht Krabat und hört einen Schrei, doch er kann nicht nachsehen, von wem dieser stammt, da die Tür zum Schlafraum abgeschlossen ist. Juro geleitet ihn wieder in sein Bett. Auch die übrigen Mühlknappen sind wach und Tondas Bett ist leer. Am Neujahrsmorgen finden sie Tonda tot am Fuß der Dachbodentreppe – keiner der Burschen scheint überrascht, nur Krabat weint um ihn. Am Nachmittag begraben die Mühlgesellen Tonda schnell und schmucklos. Das Grab war bereits vorbereitet. Krabat bleibt allein am Grab zurück. Er will für Tonda ein Vaterunser beten, doch er kann sich nicht an das Gebet erinnern.

Analyse

Das 10. Kapitel des Romans ist als komödiantische Zwischensequenz zu verstehen, die der zeitlichen Einordnung dient und dem Buch ein politisches Statement verleiht. Der Große Nordische Krieg ist während Krabats Zeit auf der Mühle »nicht real präsent, bildet aber den Hintergrund der gesamten Handlung.« (Drumm 184) Dieser bricht nur stellenweise durch, wie in diesem Fall, als eine Truppe Soldaten die Mühle erreicht, um neue Rekruten anzuwerben. Es handelt sich um eine »schwankartige Episode«, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Romans wegen ihres mangelnden Realismus und der komödiantischen Darstellung stark kritisiert wurde. (Vgl. ebd.)
Betrachtet man Preußlers eigene Vergangenheit als Soldat und Kriegsgefangener sowie seine Aussage, es gehe ihm auch um die Geschichte seiner Generation (vgl. Preußler 189), so lässt sich das Werk auch als Auseinandersetzung mit den Schrecken des deutschen Nationalsozialismus auffassen. (Vgl. Drumm 184) Hierauf weist vor allem die Darstellung der Soldaten hin, die insgesamt sehr unsympathisch wirken, da sie die Mühlknappen verhöhnen und beleidigen. Die Zwischensequenz erhöht weiterhin den Spannungsbogen, da sie in keinem direkten Zusammenhang mit der Haupthandlung steht und diese damit hinauszögert.

Ein weiteres zentrales Thema des Romans ist der Tod, der nun in den Vordergrund rückt. Zunächst warnt Preußler die Leser durch eine Vorausahnung auf Tondas Tod, als dieser Krabat sein Messer schenkt, welches Gefahr anzeigt, und dem Jungen erklärt, dass er sie vielleicht verlassen werde. Die Übergabe findet auf dem Wüsten Plan statt, dem Ort, an dem sich die Gräber der geopferten Mühlknappen befinden, wie Krabat kurze Zeit später erfährt. Die Wahl des Ortes unterstützt den Anschein, dass Tonda in kurzer Zeit versterben wird. Zudem zeigt sich hier Tondas gutmütiger Charakter, da dieser sein Messer selbstlos an Krabat weiterreicht, um den Jungen auch nach seinem Tod noch schützen zu können. Hier beweist er sich abermals als guter Freund. Der Eindruck verstärkt sich noch, als er Krabat vor den übrigen Burschen in Schutz nimmt, die sich ihm gegenüber angesichts des bevorstehenden Ereignisses unfreundlich verhalten. Obwohl Tonda weiß, dass er die Nacht nicht überleben wird, reagiert er besonnen und ruhig und verabschiedet sich zudem auf beinahe väterliche Weise von seinem Lehrling. In der Nacht stirbt Tonda und löst damit erste Zweifel in Krabat aus.

Die Beerdigung des Altgesellen gibt einen weiteren Hinweis auf den teuflischen Raum, da auch hier auf jegliche Form der christlichen Rituale verzichtet wird. Die Mühlknappen verzichten nicht nur auf Grabschmuck, einen Pfarrer und ein Kreuz – Krabat bemerkt weiterhin, dass er nicht in der Lage ist, sich an das Vaterunser zu erinnern, das er für Tonda beten will. Der teuflische Raum unterbindet jede christliche Religiosität.

Veröffentlicht am 11. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 11. Juli 2023.