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Krabat

Das zweite Lehrjahr, Kapitel 19-21

Zusammenfassung

Ende Juni bauen die Mühlknappen ein neues Mühlrad. Krabat denkt weiterhin oft an die Kantorka und ist froh darüber, dass er ihren Namen nicht kennt, damit er sich nicht verraten kann. Eines Tages besucht er Tondas Grab, doch er kann sich nicht mehr daran erinnern, in welchem der Gräber sie Tonda beerdigt haben und so verteilt er Blumen auf allen Gräbern. Die letzte Blume lässt er für denjenigen fallen, den sie als nächstes beerdigen müssen und erschrickt über den Gedanken. Als er wieder an der Mühle ist, spricht ihn Michal an, der ihn beobachtet hat. Er nimmt ihm das Versprechen ab, nicht mehr über Tonda nachzudenken. Die Toten seien auf der Mühle vergessen, als habe es sie niemals gegeben, damit die übrigen Mühlknappen weiterleben können. Krabat verspricht es zwar, doch er weiß, dass er sich daran nicht halten kann.

Als das neue Wasserrad fertig ist, feiern die Mühlknappen mit dem Meister – der sogar bei der Anbringung des Rades geholfen hat – das Fest des Radhubs. Juro kocht hierfür ein Festmahl und der Meister ist bei so guter Laune, dass er die Arbeit der Gesellen und Juro für sein Essen lobt. Gemeinsam trinken sie Wein, während der Meister Geschichten aus seiner eigenen Zeit als Müllerbursche erzählt. Die meisten handeln von Erlebnissen, die er gemeinsam mit seinem Freund Jirko geteilt hat, als sie zusammen auf Wanderschaft gingen. Jirko habe immer hart gearbeitet und sei immer für einen Spaß zu haben gewesen. Innerhalb von sieben Jahren erlernten sie auch die Zauberei. So erzählt der Meister die Geschichte, wie sie den Kurfürsten auf Reisen antrafen. Dieser war so kräftig, dass er Hufeisen mit bloßen Händen zerbrechen konnte. Als der Kurfürst fragte, ob ihm dies einer gleichtun könne, meldete sich Jirko, der sagte, er könne das Hufeisen sogar mit bloßer Hand zusammenfügen. Er zauberte und der Kurfürst stellte fest, dass er das Eisen nun nicht mehr auseinanderziehen konnte. Zornig reitete er fort.

Die Mühlknappen hören dem Meister gespannt zu und Michal fragt, was aus Jirko geworden sei. Die Gesellen sind entsetzt, als dieser entgegnet, er habe Jirko umgebracht. Diese Geschichte hebt der Meister sich für das nächste Mal auf und den Burschen graut es bei dem Anblick, wie der Meister sich wortlos in den Schlaf trinkt.

Es ist Zunftgebrauch, dass der Meister einem wandernden Müllerburschen, der nach Nahrung und einem Quartier für die Nacht fragt, Einlass in seine Mühle gewährt – doch der Meister hält sich niemals an diese Regel und weist jeden Fremden ab. Eines Tages im Hochsommer kommt ein fremder Mann zur Mühle, der sich von Krabat zur Meisterstube bringen lässt, um nach Quartier zu fragen. Der Meister lehnt ab, doch der Fremde lässt sich nicht wegschicken. Er ist groß und dünn, trägt einen spitzen Hut und einen Ohrring. Nach und nach erreichen alle Mühlknappen die Meisterstube, da sie das Gefühl haben, nach dem Meister sehen zu müssen. Als sie dort versammelt sind, zaubert der Fremde eine rote Maus herbei und fordert den Meister zum Zweikampf auf. Auch dieser lässt eine Maus erscheinen und die Tiere beginnen zu kämpfen. Aus den Mäusen werden Katzen und schließlich Hähne. Als der rote Hahn des Fremden den einäugigen, schwarzen Hahn des Meisters besiegt, muss der Meister sich dem Fremden fügen. So bringt er dem Fremden selbst reichlich zu essen und als der Fremde fertig ist, gibt dieser sich zu erkennen. Es ist Pumphutt, der dem Meister befiehlt, sich künftig an die Regeln der Zunft zu halten.

Der Meister ist zornig darüber, dass seine Mühlknappen die Niederlage beobachtet haben. Aus Rache zwingt er sie, nun nachts, statt tagsüber zu arbeiten. Die Burschen sind von der wochenlangen nächtlichen Arbeit geschwächt, als im September in der ersten Neumondnacht der Herr Gevatter eintrifft. Der Lehrjunge Witko kann den Strapazen nicht standhalten und bricht im Morgengrauen zusammen. Michal will ihm helfen, doch der Meister schlägt mit der Peitsche nach ihm. Der Herr Gevatter stoppt den Meister, lässt zu, dass Michal Witko wegträgt und schubst den Müller von der Kutsche, damit dieser anstelle des Lehrjungen arbeitet. Krabat wird angst und bange bei der Stimme des Herrn Gevatters, doch er gönnt dem Meister die harte Arbeit.

Nach der Neumondnacht dürfen die Mühlknappen wieder ihrem gewohnten Tagesablauf nachgehen und die harte nächtliche Arbeit ist beendet. Einige Tage nach Michaeli schickt der Meister Krabat und Petar nach Hoyerswerda. Auf dem Rückweg fahren sie durch Schwarzkollm und Krabat sieht die Kantorka wieder. Er nickt ihr zu und sie grüßt ihn zurück, ist jedoch mehr mit ihren Hühnern beschäftigt und Krabat wünscht sich, er könne mit ihnen tauschen.

Als der erste Schnee fällt, werden die Burschen wieder unruhig, gereizt und wortkarg. Krabat ahnt, dass auch in diesem Winter wieder ein Mühlknappe sterben könnte und bekommt Angst. Tondas Messer zeigt ihm, dass er selbst nicht in Gefahr ist, doch er ist sich dessen nicht sicher. Seine Sorge bestätigt sich, als er einen Sarg im Holzschuppen findet. Eines Nachts träumt Krabat von dem Sarg. Im Traum findet er ihn und er zerschlägt ihn, doch der Sarg setzt sich wieder zusammen. Nachdem er dreimal gescheitert ist, gibt er auf und flieht aus dem Schuppen. Er erreicht den Wüsten Plan, den Ort, an dem sich der Friedhof der Müllerburschen befindet. Dort beobachtet er, wie eine Gestalt ein Grab aushebt, doch wegen des Schneegestöbers kann er sie nicht erkennen. Krabat friert am Boden fest und schneit ein.

Schweißgebadet wacht er auf, verlässt die Mühle und begegnet Michal, der erschöpft und blass mit einer Hacke und einer Schaufel aus dem Koselbruch kommt. Fortan ist Michal sehr verschlossen und meidet die übrigen Burschen. In der Silvesternacht wacht Krabat auf und hört einen Schrei – Merten neben ihm beginnt zu schluchzen und Krabat fühlt sich so elend, dass er sich den Tod wünscht. Am Morgen finden sie Michal, der scheinbar in der Mehlkammer von einem Balken erschlagen wurde. Nachdem Juro den Toten versorgt hat, begraben sie ihn auf dem Wüsten Plan und verlassen das Grab eilig. Nur Merten bleibt allein zurück.

Analyse

Der Meister wird beim Fest des Radhubs von einer völlig neuen Seite gezeigt. Statt sich wie üblich von den Feierlichkeiten der Mühlknappen fernzuhalten, nimmt er am Festmahl, welches Juro zur Feier des Radhubs veranstaltet, teil. Konträr zu seinem üblichen Verhalten, das abwertend, bevormundend und gewaltsam ist, verhält er sich hier freundlich.

    Der Meister war redselig und bei bester Laune. Er lobte Staschko und dessen Gehilfen für ihre Arbeit und hatte sogar für den dummen Juro ein gutes Wort übrig […]. Er sang mit den Burschen, er spaßte mit ihnen, er forderte sie zum Trinken auf und trank selber am meisten. (S. 147)

Er gibt zu, dass er die Burschen um ihr junges Leben beneidet und erzählt ihnen Geschichten aus seiner eigenen Jugend. Der Neid auf ihr junges Leben kann als Reue seiner Entscheidungen interpretiert werden – so scheint er nicht glücklich mit seinem Leben auf der Mühle, da auch er durch den Herrn Gevatter unter Unfreiheit leidet. Als er den Burschen von seinen Erlebnissen auf Wanderschaft berichtet, wird dies noch einmal deutlicher. Er erzählt von dem Spaß, den er mit seinem guten Freund Jirko hatte und gibt damit einen Einblick in sein Leben vor dem Teufelspakt. Durch die Umschreibung der Freundschaft und der positiven Darstellung Jirkos wird klar, dass der Meister in seiner Jugend noch kein schlechter Mensch war, sondern erst durch seine Taten zu diesem wurde. Der Beginn dieser schlechten Taten liegt mutmaßlich in der Ermordung seines Freundes.

    Mehr als Krabat eine Falle zu stellen oder seine unumschränkte Macht beweisen zu wollen, geht es dem Meister darum, den über den von ihm verübten Freundesmord entsetzten Burschen vorzuführen, dass er nicht anders hatte handeln können, ja dass in seiner Situation jeder von ihnen auch so gehandelt hätte. (Drumm, 181)

Preußler charakterisiert mit dieser Szene nicht nur den Meister, sondern erinnert mit dieser Argumentation auch »frappant an die Rechtfertigung der Kriegsgeneration gegenüber den im Zuge der 1968er-Revolte aufkommenden Fragen zu ›Befehlsnotstand‹ und ›Pflicht‹.« (ebd.) Aufgrund seiner eigenen Erlebnisse als Soldat und Kriegsgefangener übt Preußler hier Kritik an der deutschen Vergangenheit. Er selbst nennt »Krabat« auch »die Geschichte meiner Generation«. (Preußler 189) Indem er Juro und Krabat anders handeln lässt als den Meister zu seiner Zeit, wird bewiesen, dass der Meister die Möglichkeit hatte, das Leben seines Freundes zu schonen und seine Rechtfertigung wird als bloße Ausrede enttarnt. (Vgl. Drumm 181) Der Autor hat eine Geschichte schreiben wollen, in der sich junge Menschen in der bösen Macht verstricken, jedoch den Willen finden, sich dieser zu entreißen. (Vgl. Preußler 189) Durch Krabat und Juro zeigt er, dass dies durch die Kraft der Freundschaft und Liebe möglich ist. Am Ende des Kapitels graust es den Mühlknappen bei dem Anblick, wie der Meister sich betrinkt. Der schlechte Zustand des Meisters beweist, dass auch er noch einen Rest seiner Menschlichkeit besitzt und seine Tat bereut. An ihm werden ein weiteres Mal die negativen Auswirkungen der dunklen Zauberei sichtbar.

Auch die Beschreibung von Pumphutts Besuch auf der Mühle nimmt eine wichtige Rolle ein. Der Zauberer ist dafür bekannt, für Recht und Ordnung auf den Mühlen zu sorgen, die er auf seiner Wanderschaft bereist, doch erscheint er in den Geschichten, die die Burschen sich erzählen, eher einer Sage als der Realität zu entstammen. Dennoch ist seine Identität bereits an der äußerlichen Beschreibung des Gastes erkennbar. Die Sagengestalt Pumphutt verweilt nur kurz auf der Mühle und sorgt dafür, dass der Meister die Regeln seiner Zunft zukünftig einhalten wird, indem er ihn im Zweikampf besiegt. Dennoch verändert er die Lebenssituation der Müllerburschen nicht. Seine Rolle besteht darin, neue Hoffnung in Krabat zu entfachen, da er feststellt, dass der Meister besiegbar ist.

Veröffentlicht am 11. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 11. Juli 2023.