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Krabat

Das zweite Lehrjahr, Kapitel 13-15

Zusammenfassung

In den Tagen nach Neujahr bleibt der Meister verschwunden und die Mühle steht still. Krabat trauert um Tonda, doch niemand erwähnt ihn mehr. Hanzo übernimmt fortan die Funktion des Altgesellen. Am Vorabend des Dreikönigstages kehrt der Meister in die Mühle zurück und befiehlt den Gesellen, sich wieder an die Arbeit zu machen. Als sie gegen Mitternacht zurück in ihren Schlafraum kommen, liegt ein schmächtiger Junge auf Tondas Pritsche. Als sie ihn wecken und beschwichtigen, wie sie es auch bei Krabat getan hatten, stellt der Junge sich als Witko vor.

Am Abend ruft der Meister Krabat und die übrigen in die Meisterstube. Er fragt Krabat nach seinem Namen und die übrigen danach, wer für ihn und seinen Namen bürgt. Hanzo und Michal melden sich. Der Meister befragt sie, wo, wann und ob Krabat das Müllerhandwerk erlernt habe und sie bürgen dafür, dass er in allen Künsten unterrichtet worden sei. Durch dieses Ritual wird Krabat freigesprochen – seine Zeit als Lehrjunge ist beendet, er ist nun ein Geselle. Die Mühlknappen werfen ihn in die Mehlkiste und rollen ihn hindurch – sie nennen diesen Brauch Freimüllern. Anschließend feiern sie den Anlass mit Wein.

Später am Abend spricht Michal Krabat auf dessen Verwirrung über den Freispruch an. Er erklärt ihm, dass die Lehrzeit bereits beendet sei, weil die Zeit in der Mühle anders vergehe. Das erste Jahr gelte für drei Jahre – deshalb sei Krabat auch älter geworden, wie er selbst gemerkt haben müsse. Krabat reagiert ungläubig, doch Michal entgegnet, dass auf der Mühle noch ganz andere Dinge möglich seien.

Im Laufe des Winters bemerkt Krabat selbst die Veränderungen, die Michal ansprach. Er ist mittlerweile größer und stärker als noch vor einem Jahr und ein leichter Flaum bedeckt seine Wangen und sein Kinn. Weiterhin trauert er um Tonda und versucht, dessen Grab zu besuchen, doch das ist durch den hohen Schnee nicht möglich. Als er ein drittes Mal beschließt, es zu versuchen, hat er einen Traum. Es ist Frühling und Krabat sieht Tonda im Nebel vor sich laufen. Er ruft nach ihm, doch Tonda bleibt nicht stehen. Plötzlich steht Krabat vor einem breiten Graben und sieht Tonda auf der anderen Seite. Dieser wendet ihm den Rücken zu. Er erlaubt Krabat, drei Fragen zu stellen. Krabat will wissen, wer schuld an Tondas Tod ist, und dieser sagt, er trage selbst die größte Schuld. Krabat hakt noch einmal nach, doch Tonda entgegnet nur, das werde er erfahren, wenn er die Augen offenhalte. Zuletzt fragt Krabat, wem er sich in der Mühle nun am ehesten anvertrauen kann, da ihm seit Tondas Tod ein Freund fehle. Sein ehemaliger Altgesell antwortet ihm, dass er demjenigen vertrauen solle, der als erstes seinen Namen ruft.

Krabat erwacht, als eine Stimme seinen Namen ruft. An seiner Pritsche stehen Juro und Michal, die ihm sagen, dass er im Schlaf laut geschrien habe. Sie wissen nicht mehr, wer von ihnen Krabats Namen zuerst rief und so geht Krabat davon aus, dass es Michal gewesen sein muss, da er sich nicht vorstellen kann, dass der freundliche, aber dumme Juro sein nächster Vertrauter werden soll. So nimmt Michal Tondas Platz ein und hilft Krabat in allen Belangen. Nur über Tonda weigert er sich zu reden.
Michal kümmert sich auch um den neuen Lehrjungen und legt sich mit Lyschko an, als dieser den Jungen für sich arbeiten lässt. Er legt Witko auch die Hand auf, um ihm die Arbeit zu erleichtern, wird jedoch von Lyschko dabei erwischt. Als dieser dem Meister davon erzählt, wird Michal bestraft. Die Mühlknappen hören ihn Kreischen und Krächzen, doch Michal verrät nicht, was der Meister ihm angetan hat. Er ist fortan sehr still. Als die übrigen Gesellen einen Racheplan schmieden, hält er sie davon ab, weil er nicht möchte, dass sie sich ebenso falsch verhalten wie Lyschko.

Im Spätwinter ist der Meister viel unterwegs. Um den Josephitag bricht der Meister abermals auf und fragt Krabat, ob er mitkommen möge, da dieser sich zuvor erkundigt hatte, wohin der Meister wollte. Auf der Kutsche sitzend weist der Meister Krabat an, die Pferde anzutreiben, da sie in einer Stunde in Dresden sein müssten. Krabat wundert sich, da die Stadt in dieser Zeit nicht zu erreichen ist, doch der Meister kutschiert immer schneller und nach einer Weile wirkt die Kutsche, als würde sie über einen Teppich fahren. Er kann seine Umgebung nicht erkennen, da die Pferde die Kutsche durch Nebel ziehen. Als sie festhängen und er aussteigen will, hält der Meister ihn zurück und erklärt ihm, sie hingen am Kirchturm fest. Krabat bemerkt, dass es Wolken sind, die er für Nebel gehalten hat und dass sie über einem Friedhof schweben. Der Meister behebt das Problem und schließlich kommen sie pünktlich in Dresden am Schloss an.

Dort trifft der Meister den Kurfürsten von Sachsen, während Krabat bei dessen Hauptmann wartet. Er erfährt, dass die Ratgeber des Kurfürsten dazu raten, Frieden mit den Schweden zu schließen und den Krieg zu beenden. Der Meister sei gekommen, um dem Kurfürsten den Friedensschluss auszureden. Die umstehenden Soldaten stoßen auf den Krieg an. Ob Sieg oder Niederlage ist ihnen egal, solange der Krieg nur fortgeführt würde. Gegen Mitternacht kehrt der Meister zurück – er hatte Erfolg. Auf dem Rückweg fragt der Meister Krabat, woran er denke, und dieser antwortet, er denke darüber nach, wie viel man mit der Schwarzen Kunst erreichen kann, wenn sie einem sogar Macht über Fürsten und Könige verleihe.

Analyse

Die Abwesenheit des Meisters zwischen Silvester und dem Vorabend des Dreikönigstags kann als Hinweis auf seine Bosheit betrachtet werden. »Gründe für die Abwesenheit werden zwar im Text nicht aufgeführt, auffällig ist aber, dass es sich bei diesem Zeitraum um die Zwölften beziehungsweise die Rauhnächte handelt […], in denen nach dem Volksglauben Spulgeister umherwandeln.« (Kulik 181) Eine mögliche Interpretation ist, dass die Geister der Mühlknappen, die der Meister jährlich opfert, ihn in diesen Nächten verfolgen. Dass Krabat seinem Freund Tonda nach dessen Tod im Traum begegnet, unterstreicht die These, dass die Toten nicht vollständig verschwinden. Zudem erweist Tonda sich durch die Traumsequenz auch nach seinem Tod noch als guter Freund, da er Krabat noch einen letzten Ratschlag erteilt und sich somit weiterhin loyal zeigt, damit sein Lehrling den Meister überwinden kann. Weiterhin steigert die Traumsequenz den Spannungsbogen, da hier auf eine mögliche Helferfigur verwiesen wird, Krabat jedoch nicht weiß, an welchen der beiden Mühlknappen, die nach ihm rufen, er sich richten soll.

Zudem spielt das Zeitkonstrukt auf der Mühle eine wichtige Rolle. Nach Krabats Freispruch aus der Lehre erklärt Michal ihm, dass das erste Lehrjahr auf der Mühle im Koselbruch für drei Jahre gilt und Krabat somit innerhalb des einen Jahres um genau drei Jahre gealtert ist. Die Zahl Drei ist auch hier nicht zufällig gewählt: Preußler arbeitet mit einer Zahlensymbolik, die man häufig in Märchen wiederfindet. (Vgl. Schmidt 51) Die Drei symbolisiert das Ende einer Prüfung oder einer Wartezeit sowie die Vollendung. (Vgl. ebd.) Nach dem ersten Mühlenjahr vollendet Krabat seine Lehre und beginnt einen neuen Zeitabschnitt als Mühlgeselle. Da die Zahlensymbolik vor allem in Märchen verwendet wird, handelt es sich hier um eine weitere Darstellung der magischen Vorgänge, die die Mühle als Ort der teuflischen Zauberei von der realen Welt abgrenzen.

Zudem finden hier erste Wiederholungen der wichtigsten Handlungspunkte statt. Krabat begegnet dem neuen Lehrling, der sich in derselben Situation befindet wie er selbst vor einem Jahr: »Sie umringten den Schläfer und weckten ihn – so, wie sie Krabat geweckt hatten, damals, vor einem Jahr. Und wie Krabat vor ihnen erschrocken war, so erschrak nun der Rotschopf beim Anblick der elf Gespenster.« (S. 97)

Die Wiederholung der Ereignisse des Vorjahres wirkt, als befände sich die Mühle in einer Zeitschleife, in der sich dieselben Ereignisse unaufhaltsam abspielen. Hier wird nicht nur Tondas Platz in der Mühle ersetzt, sondern auch verdeutlicht, dass die Mühlknappen gefangen in einer Reihe immer wiederkehrender Ereignisse sind.

Kapitel 15 verdeutlicht die Tragweite der Macht des Meisters. Bisweilen bezog diese sich ausschließlich auf die Mühle im Koselbruch, die als wichtigster Handlungsort, den die Burschen nur mit der Erlaubnis des Müllers verlassen können, als eine Art eigene, magische Welt dargestellt wird. Hier zeigt sich jedoch, dass der Meister auch Macht über die Außenwelt besitzt und so auf höchster Ebene in das Weltgeschehen eingreift:

    Ist Euer Herr nicht seit vielen Wochen bemüht, seine Durchlaucht zu überzeugen, dass Dero Ratgeber, die zum Friedensschluss mit den Schweden mahnen, Schafsköpfe sind und zum Teufel gejagt gehören? (S. 114)

Durch seinen Eingriff in das Weltgeschehen erhebt sich die Boshaftigkeit des Meisters auf eine neue Ebene, da dieser nicht nur seinen Mühlknappen schadet, sondern auch zahlreichen Menschen verschiedener Länder, indem er den Kurfürsten zur Weiterführung des Krieges beeinflusst, welcher – wenn man den Ratgebern glaubt – nicht gewonnen werden kann.

Veröffentlicht am 11. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 11. Juli 2023.