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Krabat

Das erste Lehrjahr, Kapitel 1-3

Zusammenfassung

Die Geschichte beginnt kurz nach Neujahr in der Gegend von Hoyerswerda. Der 14-jährige Betteljunge Krabat zieht mit zwei weiteren Jungen als Heilige drei Könige verkleidet von Dorf zu Dorf. Obwohl der Kurfürst von Sachsen das Betteln verboten hat, wird es nicht verfolgt, und so sind die Jungen erfolgreich.

Während sie auf dem Heuboden eines Bauern übernachten, träumt Krabat von elf Raben, die auf einer Stange sitzen und auf ihn warten. Eine heisere Stimme ruft ihn dreimal bei seinem Namen und weist ihn an, die Mühle in Schwarzkollm aufzusuchen. Als Krabat erwacht, lacht er zunächst über seinen Traum, wird jedoch nachdenklich, als der Traum sich in der folgenden Nacht wiederholt. Nachdem er ein drittes Mal von den Raben und der Mühle im Schwarzkollm geträumt hat, beschließt Krabat, der Stimme zu folgen. Er verlässt den Hof, ohne sich von seinen Begleitern zu verabschieden.

In Schwarzkollm angekommen, fragt Krabat einen alten Mann nach der Mühle des Dorfes. Dieser warnt ihn vor der Mühle am Schwarzen Wasser, doch Krabat setzt seine Reise fort. Schließlich erreicht er die Mühle, die dunkel im Schnee liegt und bedrohlich wirkt. Die Tür ist verschlossen, lässt sich aber plötzlich öffnen, nachdem Krabat dreimal an die Tür geklopft hat. Er betritt die stille, dunkle Mühle und späht durch einen Türspalt, der durch das Licht einer einzelnen Kerze erhellt wird. An einem Tisch sitzt ein Mann, der sich lesend über ein in Leder gebundenes Buch beugt. Als der Mann den Kopf hebt und in Richtung der Tür blickt, verschwimmt Krabats Blick. Er reibt sich die Augen und bemerkt eine Hand auf seiner Schulter. Der Junge dreht sich um und blickt den Mann an, der zuvor noch in der Kammer saß. Dieser stellt sich ihm als Meister der Mühle vor. Er bietet Krabat an, sein Lehrjunge zu werden, und dieser willigt ein. Der Meister fragt, ob Krabat nur das Müllern erlernen will oder auch alles andere. Krabat antwortet, dass er alles lernen möchte und willigt per Handschlag ein.

Als der Handschlag den Pakt besiegelt, erklingen laute Geräusche im Haus, vor denen Krabat fliehen will. Doch der Meister hält ihn auf und erklärt ihm, dass dies die Mühle sei, die nun wieder mahle.

Der Meister teilt Krabat einen Schlafplatz und neue Kleidung zu, die dem Jungen passt, als sei sie für ihn geschneidert worden. In dem Schlafraum stehen elf weitere Betten. Krabat zieht sich um und legt sich schlafen. In der Nacht treffen die anderen elf Mühlknappen wieder ein. Krabat erwacht von einem Lichtstrahl und bemerkt, dass sein Bett von den gespenstisch wirkenden Gestalten der Mühlknappen umringt wird. Der etwa dreißigjährige Altgeselle Tonda stellt sich und die übrigen Knappen vor und weist ihn danach an, weiterzuschlafen.

Am Morgen danach sitzen die 12 Mühlknappen am Frühstückstisch, an dem sich jeweils vier von ihnen eine Schüssel Hafergrütze teilen. Krabat fragt, wem die Anziehsachen vorher gehört hatten und erhält die vage Antwort, sie seien von seinem Vorgänger gewesen, der ausgelernt habe. Die übrigen Jungen sehen ihn mitleidig an, als der Meister den Raum betritt und sie anherrscht, nicht zu schwätzen. Er lässt Krabat den Satz „Wer fragt, der irrt“ wiederholen, damit dieser ihn sich einprägt.

Nach dem Essen nehmen die Mühlknappen ihre Arbeit auf. Krabat wird in eine sehr staubige Besenkammer gesperrt, welche er säubern soll. Da der Raum klein ist und sich nicht von innen öffnen lässt, verteilt sich der Mehlstaub jedoch trotz seiner Bemühungen wieder in der Kammer. Der Altgeselle holt Krabat nach einiger Zeit zum Mittagessen ab und zaubert den Staub mit einer Handbewegung aus der Kammer. Krabat fragt ihn, wie er dies gemacht habe, aber Tonda antwortet nicht.

Krabat arbeitet hart und erreicht schon bald seine Grenzen, da der Meister ihm stets besonders anstrengende Aufgaben überträgt. Tonda hilft Krabat, indem er ihm durch Handauflegen den Schmerz nimmt und neue Kraft gibt. Krabat darf dies niemandem erzählen – am wenigsten dem Meister und Lyschko, der diesem treu ergeben ist. Als Lyschko an Krabat vorbeikommt, beklagt dieser sich über die große Anstrengung, und so bemerkt niemand, dass Tonda Krabat hilft.

Krabat bemerkt, dass Juro, der als der dümmste Knappe gilt, vom Meister und von den anderen Mühlknappen besonders schlecht behandelt wird. Nur Krabat selbst und Tonda sind Juro gegenüber freundlich. Juro ist für die Tätigkeit des Müllers nicht brauchbar und deshalb für den Haushalt zuständig. Er kümmert sich um das gesamte Haus, kocht das Essen und versorgt die Tiere. Mit dieser Arbeit kommt er gut zurecht. Hin und wieder steckt er Krabat heimlich Nahrung zu. Als Krabat ihn fragt, wieso er sich nicht gegen die schlechte Behandlung wehre, sagt Juro, dass ihm dies nicht möglich sei, da er zu dumm wäre. Auf Krabats Vorschlag, er könne doch auch weglaufen, erwidert Juro, dass das nicht ginge – Krabat möge es nur versuchen. Für sich selbst sieht Krabat jedoch keinen Grund, die Mühle zu verlassen. Durch Tondas Hilfe kann er seine Arbeit gut bewältigen und damit geht es ihm gut. Er hat einen Schlafplatz und regelmäßige Mahlzeiten und hat damit schon mehr gewonnen, als er sich als Bettler zu träumen wagte.

Analyse

Im ersten Kapitel des Romans wird der Protagonist vorgestellt und seine Ausgangssituation beschrieben. Krabat ist zwar ein Betteljunge, jedoch führt er dem Anschein nach dennoch ein gutes Leben.

Preußler teilt die Figuren und Orte deutlich in gut und böse ein. Die Dörfer um Hoyerswerda, die Bauern und auch die Amtspersonen stehen auf der guten Seite. Als erster Handlungsschauplatz der Handlung wird die Gegend um Hoyerswerda eingeführt. Krabat und seine beiden Freunde ziehen »in der Gegend von Hoyerswerda von Dorf zu Dorf« (S. 11). Dies wird vor allem durch die Haltung gegenüber den Betteljungen deutlich. Obwohl der Kurfürst von Sachsen das Betteln unter Strafe verbietet, verfolgen die zuständigen Amtspersonen und Richter die Betteljungen nicht. Dies kann als erstes Zeichen für die Güte interpretiert werden, die unter den Dorfbewohnern herrscht. Jedoch zeigen nicht nur die Amtspersonen Toleranz für die Betteljungen, sondern auch die Dorfbewohner selbst, da diese Krabat und seine Freunde für ihren Gesang zum Dreikönigstag mit einer großen Vielfalt an Lebensmitteln belohnen und ihnen beispielsweise Schlafplätze auf dem Heuboden bieten.

Auf dem Weg zur Mühle zeigt sich auch einer der Dorfbewohner von Schwarzkollm als guter Mensch. Da der alte Mann sich um das Wohlergehen eines Fremden sorgt und Krabat ängstlich warnt, die Mühle zu meiden, kann auch er als Beispiel für die Zugehörigkeit des Dorfes zur guten Seite betrachtet werden. So zuvorkommend und freundlich, wie die Menschen dargestellt werden, beschreibt Preußler auch die Umgebung. Auch wenn Krabats Weg zur Mühle durch den fallenden Schnee beschwerlich ist – was als erste naturgegebene Warnung vor der Mühle verstanden werden kann – wird das Dorf Schwarzkollm als ruhiger, gewöhnlicher Ort beschrieben, der sich nicht von den übrigen Dörfern abhebt. Der Erzähler berichtet von verschneiten Häusern, Rindern und Kinderlachen und erweckt so den Anschein eines ruhigen, arglosen Dorfes, das keine Bedrohung darstellt.

Vollkommen gegensätzlich wird die Mühle im Koselbruch dargestellt – bereits der Weg dorthin wird dem Jungen erschwert. Krabat kämpft sich durch Schneefälle, verläuft sich im Hoyerswerdaer Forst und bewältigt das letzte Stück bis zur Mühle trotz Kälte und Dunkelheit. Er »tappte ein Stück durch den Wald wie ein Blinder im Nebel«. (S. 14) Der Vergleich symbolisiert Krabats Kampf gegen die Dunkelheit. Dies lässt sich sowohl auf die Finsternis der Nacht als auch auf das kommende Leben in der Schwarzen Schule übertragen. Preußler nutzt Licht und Dunkelheit zur bildlichen Darstellung des Guten und des Bösen. Die Mühle wird beschrieben wie folgt: »Da lag sie vor ihm, in den Schnee geduckt, dunkel, bedrohlich, ein mächtiges, böses Tier, das auf Beute lauert.« (ebd.) Die Beschreibung weckt Assoziationen mit einer kampfbereiten Raubkatze – durch die drohende Gefahr und die stetig umschriebene Dunkelheit lässt sich die Mühle deutlich als Ort des Bösen einordnen. Die mystische Atmosphäre wird zudem als zentrales Spannungselement genutzt.

In deutschen Volksmärchen erfüllt die Mühle häufig die Funktion eines Zufluchtsortes für einen Verfolgten. (Marunska 227) Trotz der schaurigen Atmosphäre erfüllt die Mühle auch in »Krabat« diese Funktion, da sie für Krabat eine Zuflucht vor dem Leben als Betteljunge darstellt. Die Mühle im Koselbruch wirkt durch die düstere Beschreibung im Gegensatz zu den harmonischen umliegenden Dörfern wie eine eigene Welt. Somit ergibt sich hier die Abgrenzung der realen Welt von der magischen Welt. (ebd.) Marunska erläutert weiterhin, dass die Mühle in europäischen Märchen häufig als Ort der Fülle und des Reichtums fungiert, der von Bettlern und arbeitsuchenden Wandergesellen angelaufen wird. (ebd. 231) Auch diese Funktion erfüllt die Mühle in »Krabat«, da der Protagonist sich als Bettler auf den Weg begibt, nachdem der Meister ihm im Traum verspricht, es würde nicht zu seinem Schaden sein.

Die Dunkelheit des Ortes findet sich auch im Inneren wieder. Um den Spannungsbogen zu erhöhen und die schaurige Atmosphäre aufrechtzuerhalten, folgt der Leser Krabat durch einen langen, dunklen Gang, der einzig durch einen schwachen Lichtschein eines Türspalts am Ende erhellt wird: »Grabesstille empfing ihn und tiefe Finsternis« (S. 14). Entgegen den friedlichen Beschreibungen des verschlafenen Dorfes bedient sich Preußler hier mehreren Anspielungen auf Orientierungslosigkeit und Tod. Eine weitere Deutung der Mühle ist die Funktion als verwunschener Ort teuflischer Mächte. (Marunska 231) Während die vorherigen Interpretationen der Mühle Krabats Hoffnung auf seine Zukunft widerspiegeln, handelt es sich bei dieser um die Realität, die den Jungen erwartet.

Auch im weiteren Verlauf des Kapitels folgen Vorausdeutungen auf das spätere Geschehen. So wird der Raum, in dem Krabat den Meister entdeckt, von einer einzigen Kerze erhellt, die auf einen Totenschädel geklebt wurde. Dieser verdeutlicht die Gefahr und kann als erste Vorahnung auf die Opfer gedeutet werden, die der Meister im Laufe des Romans fordert.

Der Meister spiegelt die Dunkelheit seiner Mühle wider. Er ist dunkel gekleidet und sein linkes Auge wird von einem dunklen Pflaster bedeckt. Die mystische Stimmung erreicht ihren Höhepunkt in diesem Kapitel mit dem Pakt, den der Meister und Krabat schließen. Der Mann bietet Krabat an, sein Lehrjunge zu werden und fragt ihn, ob er neben dem Müllern auch »alles andere« erlernen wolle. (S. 15f.) Krabat willigt per Handschlag ein, ohne die Bedingungen dieses Paktes zu kennen. »Die Beschreibung des Müllers sowie das Einschlagen mit der linken Hand zur Besiegelung des Vertrages machen deutlich, dass es sich von Anfang an um […] einen Teufelspakt [handelt].« (Schmidt 51) Am Ende des Kapitels dient dies als zentrales Spannungselement, da der Leser – und sicher auch der Protagonist – sich fragt, was genau in der Mühle neben den Tätigkeiten des Müllers weiterhin gelehrt wird.

Veröffentlicht am 11. Juli 2023. Zuletzt aktualisiert am 11. Juli 2023.