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Mutter Courage und ihre Kinder

7. Bild (1409)

Zusammenfassung

1632: Mutter Courage ist auf dem Höhepunkt ihrer geschäftlichen Betätigung. Der Krieg schreitet voran und Mutter Courage geraten die Geschäfte zum Vorteil. Die Szene ist auf einer Landstraße.

Der Feldprediger, die Courage und Kattrin ziehen den Planwagen. Er ist mit neuen Waren behangen. Mutter Courage selbst trägt eine Kette aus Silbertalern.

Die Courage lobt den Krieg, er nähre seine Leute besser als der Frieden. Sie singt das Lied »Und geht er über deine Kräfte«. Darin wird der Krieg als Geschäft bezeichnet. Um dieses Geschäft zu seinem Vorteil zu bestehen, sei es angeraten, nicht sesshaft zu werden. Mutter Courages Lebensstil scheint sich auszuzahlen.

Nach dem Gesang schließt die Szene.

Analyse

Dieses Bild hebt schon struktural seine Funktion hervor: es Szene zu nennen, scheint sich zu verbieten, die Bezeichnung Bild erweist sich hier als durchaus treffend. Gleichzeitig ist damit der Bezug zum Episodenstück bzw. Stationendrama der klassischen Moderne vollzogen. Die klassische Moderne – zu der Bertolt Brecht ein gebrochen epigonales Verhältnis hat, schließlich war er gegen deren Ende selbst Protagonist der klassischen Moderne, hat sie allerdings überlebt – bleibt ein wesentliches Referenzobjekt für Brecht.

Gleichzeitig aber verdankt sich die episodische Struktur der Struktur des Stoffes selbst. Die episodische Anordnung kann also durchaus auch als mimetisches Prinzip verstanden werden, womit Bertolt Brecht entgegen seiner Absicht auf klassisch aristotelische Mittel zurückgegriffen hätte.

Die Einteilung in mal mehr und mal weniger voneinander geschiedene Episoden stellt das narrative Moment in den Vordergrund. Mit brechtscher Terminologie ließe sich hier vom epischen Moment sprechen. So eignet sich »Mutter Courage und ihre Kinder« dazu, in einer Erzählung umgesetzt zu werden. Die Struktur erinnert tatsächlich an einen Roman.

Der von Mutter Courage angestimmte Gesang liest sich wie eine Antwort auf ihren letzten Satz im vorangegangenen Bild: »Der Krieg soll verflucht sein« (1408). Nun sagt sie: »Ich laß mir den Krieg von euch nicht madig machen. Es heißt, er vertilgt die Schwachen, aber die sind auch hin im Frieden. Nur, der Krieg nährt seine Leut besser« (1409). Brecht schreibt dazu: »Mutter Courage hat ihr Urteil über den Krieg berichtigt und besingt ihn als guten Brotgeber« (Brecht 1964: 55).

Nun sieht Mutter Courage den Krieg nicht als ein großes Übel, sondern vielmehr als kaum zu vermeidenden Umstand an. Lakonisch heißt es: »Und geht er über deine Kräfte / Bist du beim Sieg halt nicht dabei. / Der Krieg ist nix als die Geschäfte / Und statt mit Käse ists mit Blei« (1409).

Als sichtbares Abzeichen ihres Wohlstands fungiert »eine Kette mit Silbertalern« (ebd), die sie um den Hals trägt. Brecht schreibt dazu: »Hier, wo sie ihre Verdammung des Krieges widerruft, zeigen die Zeichen des Wohlstands, kürzlich erworben, sie, wie es sein soll, als bestochen« (Brecht 1964: 56).

Veröffentlicht am 20. November 2023. Zuletzt aktualisiert am 20. November 2023.