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Faust I

Rezeption und Kritik

Goethes »Faust I« gehört bis heute zu den am meisten gelesenen Werken in der Schule. Das Werk ist ebenfalls nicht aus dem Theater wegzudenken und wird in verschiedenen Adaptionen noch immer aufgeführt. Auch international wird es noch heute rezipiert. So wurde das Werk in viele Sprachen übersetzt und schaffte es sogar in den Kanon der Klassiker in Japan.

Goethe traf mit seiner Auseinandersetzung bzw. Umsetzung der Geschichten um Georgius (später Johann) Faust den Zeitgeist. Die Menschen zu Goethes Zeit waren fasziniert von den Legenden um Faust, der einen Pakt mit dem Teufel einging. Doch Goethe schaffte es, in seiner Umsetzung zwei wichtige Thematiken seiner Zeit zu verarbeiten. Mit seiner Umsetzung sprach er die Romantiker (bezogen auf die Zugehörigen zu der Epoche der Romantik) an. Er schaffte es, eine Figur aus volkstümlichen Überlieferungen künstlerisch zu porträtieren. Dies traf den Zeitgeist der Romantiker.

Außerdem ist die politische Situation Deutschlands zu der Zeit nicht außer Acht zu lassen. Deutschland bestand aus Einzelstaaten und es kam der Wunsch nach Zusammenhalt auf. Die Situation in Deutschland war unsicher und der Sieg Napoleons bei der Völkerschlacht in Leipzig 1813 kann als Weckruf für die deutsche Nationalbewegung gesehen werden. Die Figur Faust, die Goethe schaffte, wurde vornehmlich vom Bildungsbürgertum als ein Vorbild gesehen. Er stand für Tüchtigkeit und agierte als Kolonisator. Diese Rezeption bezieht sich allerdings vorwiegend auf den zweiten Teil der Tragödie, weshalb sie nicht weiter ausgeführt wird.

Um 1930/1940 machte sich der Nationalsozialismus eine Aussage Fausts zu Nutze. Faust sagt: »Im Anfang war die Tat« (V. 1237). Hiermit wurden die NS-Ideologie und das »Führerprinzip« Adolf Hitlers gerechtfertigt. Das Vorgehen Fausts als Kolonisator unterstützte den angestrebten Weltmachtanspruch nur noch mehr. Es wurde allerdings außer Acht gelassen, dass Faust genau an seinem bzw. durch seinen Größenwahn scheiterte. Es gab jedoch auch Gegenbewegungen zu dieser Sichtweise, so durch Wilhelm Böhm und sein Werk »Faust der Nichtfaustische« (1933) und Klaus Mann, der im Exil ein Theaterstück schrieb, das die Vorgehensweise der NS-Angehörigen kritisierte und karikierte.

In der Bundesrepublik wurde der Charakter der Figur Faust und demnach das Handeln in seinem Sinne als Grund genannt, weshalb die deutsche Kultur unterging. Thomas Mann verarbeitete dies beispielsweise in seinem Roman »Doktor Faustus« (1947). Mann bezog sich hierfür allerdings auf die historische Figur Faust aus dem »Volksbuch« von Johannes Spieß und nicht auf die Figur, die Goethe schuf. Dieser durfte nicht auf eine Rettung durch Gott hoffen. Seine Botschaft war an die Geschehnisse während der NS-Zeit gerichtet.

1957 wurde »Faust I« als Theaterstück aufgeführt. Gustaf Gründgens inszenierte das Theaterstück. Es war eine moderne Adaption, die den Stoff des Dramas als Grundlage nahm, um auf die Problematik von Atomkraft aufmerksam zu machen. Faust strebt über sein Menschenmögliches hinaus und gefährdet damit die Existenz  der Menschheit. Bis heute gilt diese Inszenierung als die bedeutendste Adaption im Theater (Diekhans, Johannes, Völkl, Michael  S. 106-109).

Neben Theateraufführungen gibt es auch einige Verfilmungen des Stoffs. Hierzu zählen beispielsweise »Faust et Marguerite« (Frankreich, 1897) von Georges Méliès, »Faust - Eine deutsche Volkssage« unter der Regie von Friedrich Wilhelm Murnau und die wohl bekannteste Verfilmung »Faust I« von Gustaf Gründgens und Peter Gorski (1960).

Veröffentlicht am 18. April 2023. Zuletzt aktualisiert am 18. April 2023.