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Der Steppenwolf

Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1927
Originalsprache
Deutsch
Literarische Epoche oder Strömung

Über das Werk

Hermann Hesses Roman »Der Steppenwolf« wurde 1927 veröffentlicht und gilt als eines der bedeutendsten, aber auch bizarrsten Werke des Autors. Der Protagonist Harry Haller leidet unter der Zerrissenheit einer geistlosen Zeit, die von Krieg, Umbruch und Orientierungslosigkeit geprägt ist. Er ist überzeugt, dass in ihm zwei Seelen miteinander streiten: eine menschliche, bürgerliche und eine wölfische, unbürgerliche. Daher nennt er sich selbst auch den »Steppenwolf«, einen umherirrenden Außenseiter der Gesellschaft. Aus seiner Existenzkrise findet Haller erst heraus, als er erkennt, dass der Mensch aus vielen Seelenteilen besteht, und er das Leben mit Humor (oder sogar Galgenhumor) annehmen muss.

Das Werk gliedert sich in drei Hauptteile: ein Vorwort des fiktiven Herausgebers und Harry Hallers Aufzeichnungen, beide in der Ich-Form geschrieben, sowie das »Traktat vom Steppenwolf«, das Hallers Aufzeichnungen unterbricht. In der Erstfassung des Romans war dieses Traktat sogar auf Hesses Wunsch hin durch einen farbigen Einband und separate Seitennummerierung vom Rest des Romans abgetrennt, um es wie »eine eingeheftete fremde Schrift« erscheinen zu lassen (Patzer, 2017). Sowohl Hallers Aufzeichnungen als auch das Traktat tragen den Untertitel »Nur für Verrückte«. 

Eine genaue Einordnung des »Steppenwolfs« in eine spezifische literarische Strömung ist schwierig: Der Roman trägt sowohl Züge des Expressionismus als auch der Neuen Sachlichkeit, und sogar des Impressionismus (Patzer, 2017). Am ehesten lässt sich der Roman jedoch der »Neuromantik« zuordnen. Das liegt vor allem daran, wie stark der »Steppenwolf« von der damals relativ neuen Disziplin der Psychoanalyse beeinflusst ist, insbesondere von den Theorien Carl Jungs (Robertson, 2004). Auch in seiner elaborierten Erzählweise und dem Fokus auf die Selbstentdeckungen des Protagonisten erinnert der Roman sehr an die Bildungsromane der Romantik (Robertson, 1997).  

Hesse verfasste den Roman in einer Zeit der persönlichen Krise. Infolge einiger tragischer Ereignisse in seinem privaten Umfeld hatte er begonnen, seine Profession zu hinterfragen. Er sah sich, wie so viele Schriftsteller seiner Zeit, gefangen in einem Konflikt zwischen Künstlertum und Bürgertum (Stelzig, 1988.). Dieses Gefühl der Zerrissenheit und des Zwiespalts ist auch das, was seinen Protagonisten Harry Haller beschäftigt und antreibt.  

Bei seiner Veröffentlichung im Jahre 1927 rief Hesses »Steppenwolf« sehr unterschiedliche Reaktionen hervor. Die zeitgenössischen Literaturkritiker und Schriftsteller reagierten größtenteils enthusiastisch auf das neue Werk des Autors (Cornils, 2009). Die breitere Leserschaft empfing den Roman allerdings weniger überschwänglich und empfand ihn als sehr anspruchsvoll. Dennoch erfreute der »Steppenwolf« sich in den darauffolgenden Jahrzehnten hoher Popularität. Für viele Literaturwissenschaftler zählt der »Steppenwolf« heutzutage zu den sechs großen Romanen der Hochmoderne, die zwischen 1920 und 1933 verfasst wurden (Swales, 2009).

Veröffentlicht am 10. Mai 2014. Zuletzt aktualisiert am 26. Mai 2023.

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