Die 1947 veröffentlichte Kurzgeschichte »Nachts schlafen die Ratten doch« spielt am Ende des Zweiten Weltkriegs in den Trümmern einer deutschen Großstadt. Der Autor Wolfgang Borchert schildert die Begegnung zwischen dem neunjährigen Jürgen und einem älteren Mann. Das vom Krieg traumatisierte Kind wird von dem Mann behutsam ins Leben zurückgeführt. Genaue Angaben zu Ort und Zeit der Handlung werden nicht gemacht.
In einer vom Krieg verwüsteten deutschen Stadt sitzt der neunjährige Jürgen zwischen Mauerresten. Ein älterer Mann spricht ihn an und erfährt, dass der Junge seit mehreren Tagen auf etwas aufpasse. Mehr will er nicht verraten. Der Mann weist auf den Korb mit dem Grünfutter in seiner Hand und lädt Jürgen ein, sich seine siebenundzwanzig Kaninchen anzusehen. Jürgen ist verunsichert, beharrt aber darauf, seine Wache nicht unterbrechen zu können. Er hat Essen und Tabak bei sich.
Bedauernd nimmt der Mann seinen Korb und macht Anstalten weiterzugehen. Daraufhin beginnt Jürgen zu erzählen, dass er wegen der Ratten hier sei. Sein Lehrer habe gesagt, dass diese sich von Toten ernähren. Deshalb wache er über seinen vierjährigen Bruder, der unter dem zerbombten Haus verschüttet sei. Der Mann fragt den Jungen, ob er denn nicht wisse, dass die Ratten nachts schlafen. Da könne er beruhigt nach Hause gehen. Zögernd nimmt Jürgen die Neuigkeit auf und lässt sich erst dann seine Übermüdung anmerken.
Der Mann verabschiedet sich mit dem Versprechen, nach Einbruch der Dunkelheit wiederzukommen und ein kleines Kaninchen mitzubringen. Er werde Jürgen nach Hause begleiten und seinem Vater zeigen, wie man einen Kaninchenstall baue. Jürgen ruft ihm hinterher, dass sie zuhause noch Kistenbretter für den Stall haben.
»Nachts schlafen die Ratten doch« ist eine der bekanntesten Kurzgeschichten Wolfgang Borcherts. Wie alle Werke des Autors zählt sie zur Epoche der Trümmerliteratur. Auch wenn der Ausgang der Erzählung offen bleibt und nicht mit Sicherheit angenommen werden kann, dass der Mann zurückkommt, blüht am Ende Hoffnung auf. Allein die Vorstellung eines lebendigen weißen Kaninchens führt den Jungen aus einer Welt der Trümmer, der Toten und der starren Pflichterfüllung zurück in die Kindheit: zu Freude, Eifer und Aktivität.