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Hochmittelalter (1170–1250)

Hochmittelalter (1170–1250)

Die Epoche des Hochmittelalters

Das Hochmittelalter wird von Historikern zwischen der Mitte des 11. Jahrhunderts und der Mitte des 13. Jahrhunderts angesiedelt. In diesem Zeitraum finden in West- und Mitteleuropa bedeutende kulturelle und wirtschaftliche Veränderungen statt. Auslöser dieser Entwicklungen ist ein starkes Bevölkerungswachstum, durch das die Erschließung neuer Siedlungsgebiete und eine intensivere Landwirtschaft nötig werden.

Vor diesem Hintergrund entwickeln sich Handel und Handwerk rasant.
In Deutschland entsteht eine kirchliche Reformbewegung, aus der Dom- und Klosterschulen hervorgehen. Die ersten Universitäten werden gegründet. Dies hat zur Folge, dass nicht nur Geistliche, sondern teilweise auch Beamte und Adlige lesen und schreiben lernen.

Durch den Beginn der Kreuzzüge in den Vorderen Orient erlangt der Ritterstand eine noch größere Bedeutung. Etwa von 1170 bis 1250 dauert die Blüte der höfischen Dichtung, die zumeist von Rittern stammt und sich der mittelhochdeutschen Sprache bedient.

Wichtige Vertreter und Werke des Hochmittelalters
  • Hartmann von Aue (um 1165–1215):
    • »Erec«
    • »Iwein«
    • »Gregorius«
  • Walther von der Vogelweide (um 1170–1230):
    • Minnelieder
    • »Der Reichston«
  • Wolfram von Eschenbach (um 1170–1220):
    • »Parzival«
  • Gottfried von Straßburg (gest. um 1215):
    • »Tristan und Isolde«
  • Anonymer Verfasser (um 1200):
    •  »Nibelungenlied«

Der Ritterstand

Im Hochmittelalter gehören die meisten Ritter dem niederen Adel an und verpflichten sich einem wohlhabenden Dienstherrn, der gesellschaftlich über ihnen steht. Ihm sind sie treu ergeben, und im Kriegsfall müssen sie für ihn in die Schlacht ziehen. Zum Rittertum gehören »adliges« Handeln unter Beachtung hoher moralischer Werte. Der Ehrenkodex der Ritter umfasst die drei wichtigsten Rittertugenden Demut, Mildtätigkeit, besonders Witwen und Waisen gegenüber, und Tapferkeit im Kampf.

Die Literatur des Hochmittelalters

An den Adelshöfen übernehmen Ritter die Rolle von Dichtern, Komponisten und Minnesängern. Dabei hat der Vortragende in der Regel Text und Melodie selbst geschrieben. Viele dieser Minnesänger sind nicht sesshaft, sondern ziehen von einem Fürstenhof zum anderen. Dort werden kulturelle Wettkämpfe ausgetragen, in deren Mittelpunkt Dichtung und Gesang stehen.

Die ältesten schriftlich überlieferten Minnesänge aus dem deutschen Sprachraum stammen etwa aus dem Jahr 1155 und sind in mittelhochdeutscher Sprache verfasst. Das Vorbild der ersten deutschen Minnesänger sind die französischen Trobadors.
Eine weitere Form der Dichtung im Hochmittelalter ist der höfische Roman.

Der Minnesang

Der Begriff »Minne« wird gemeinhin mit »Liebe« übersetzt. Dies können im Minnesang jedoch neben der Liebe zwischen Mann und Frau zum Beispiel auch Freundschaft, Elternliebe oder religiöse Liebe sein.

Im sogenannten hohen Minnesang wird allerdings tatsächlich die Liebe eines Ritters zu einer edlen Frau besungen. Der Minnesänger verleiht in seinem Vortrag seiner Dienstverpflichtung gegenüber der Frau Ausdruck. Im Mittelpunkt dieser ritterlichen Dienste stehen die Tugenden Treue, Bescheidenheit und Stolz.

Die auf diese Weise besungene Liebe zu einer meist verheirateten Frau bleibt im wahren Leben grundsätzlich unerfüllt. Das Liebeswerben des Minnesängers wird bei Hofe allgemein geachtet, denn es gilt das hohe Ideal der Disziplin für den Sänger und die angebetete Frau. Das bedeutet, das im Minnesang heraufbeschworene Liebespaar wird niemals zusammenfinden. Oft stehen daher die Qualen des werbenden Mannes im Vordergrund. Friedrich von Hausen ist ein bekannter Dichter des hohen Minnesangs.

Ab ca. 1190 entsteht neben dem hohen Minnesang der niedere Minnesang, dessen bekanntester Vertreter Walther von der Vogelweide ist. Nun geht es in den Texten um Liebe, die einen Bezug zum wahren Leben hat. Für den Sänger besteht jetzt die Hoffnung, von der Angebeteten erhört zu werden.

Formen des Minnesangs

Man unterscheidet drei äußere Formen des Minnesangs:

  • Lied – zeigt die heute noch bekannte sich wiederholende Strophenform, häufig sind es drei oder fünf Strophen.
  • Spruchstrophe – komplexere Formen, ohne Wiederholung, von Sänger zu Sänger sehr unterschiedlich.
  • Leich – noch umfangreicher und komplexer als die Spruchstrophe, ebenfalls keine Wiederholungen.

Unterscheidung nach inhaltlichen Kriterien

Auch inhaltlich lassen sich Minnesänge in verschiedene Gattungen einteilen. Die wichtigsten sind:

  • Minne- oder Werbelied – die Klage des Mannes an die Frau, die unerreichbar für ihn ist.
  • Frauenlied – aus Sicht der Frau geschilderte Werbung, die sie mit großem Bedauern selbstverständlich(!) ablehnen muss.
  • Tagelied – schildert den dramatischen Abschied eines erfundenen Liebespaars nach einer gemeinsamen Nacht.
  • Kreuzlied – verbindet Minne und Kreuzzug.

Der höfische Roman des Hochmittelalters

Neben der Lyrik in Form des Minnesangs existieren in der höfischen Dichtung auch wesentlich längere, epische Texte. In diesen Romanen werden alte Sagen verarbeitet und um verschiedene Themen ergänzt. Bei den Erweiterungen geht es hauptsächlich um die Minne, um Kreuzzüge und um eine idealisierte Darstellung des Lebens an den Fürstenhöfen. Die Romane schildern in Reimform oft die Abenteuer, die der Ritter für seine Dame besteht. Ein heute noch bekanntes Beispiel für den höfischen Roman ist das »Gralsepos Parzival« (ca. 1200 bis 1210) von Wolfram von Eschenbach.