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Die Leiden des jungen Werthers

Originaltitel
Die Leiden des jungen Werthers
Gattung/Textsorte
Erscheinungsjahr
1774
Originalsprache
Deutsch
Literarische Epoche oder Strömung

Über das Werk

Johann Wolfgang von Goethes Briefroman »Die Leiden des jungen Werthers« erschien im September 1774 beim Leipziger Verleger Weygand anlässlich der Leipziger Herbstmesse. Im selben Jahr wurde Goethes historisches Schauspiel »Götz von Berlichingen« uraufgeführt. Ebenso wie das Drama war auch der Roman ein sensationeller Publikumserfolg. Es waren diese zwei Werke, mit denen Goethe im Alter von nur fünfundzwanzig Jahren schlagartig europaweite Berühmtheit erlangte. Beide gehören zu den wichtigsten literarischen Schöpfungen der »Sturm und Drang«-Epoche.

In dem Roman geht es um den jungen Rechtspraktikanten Werther, der in die (fiktive) Beamtenstadt Wahlheim kommt und sich hier in eine verlobte Frau namens Lotte verliebt. Im Laufe der Handlung gerät er angesichts seiner unerwiderten Liebe zunehmend in Verzweiflung, bis er sich schließlich mit einer Pistole das Leben nimmt. Die Handlung erstreckt sich über anderthalb Jahre von Ostern 1771 bis Weihnachten 1772.

Formal unterscheidet sich das Werk von anderen Briefromanen des 18. Jahrhunderts etwa Rousseaus »Julie oder die neue Héloïse« (1761) oder Sophie von La Roches »Geschichte des Fräuleins von Sternheim« (1771) dadurch, dass es einstimmig ist, also ausschließlich die Briefe des Adressanten Werther wiedergibt. Adressat ist Werthers enger Freund Wilhelm, dessen Antworten den Lesern jedoch verborgen bleiben. Wilhelms Einschätzungen und Ratschläge lassen sich allenfalls indirekt aus Werthers Reaktionen darauf erschließen. Der Briefroman nähert sich dadurch der Gattung des Tagebuchs, und die Fokussierung auf Werthers Perspektive verabsolutiert die subjektive Gefühlswelt des jungen Mannes. 

Die zentralen Themen in Werthers Innenschau, das Werben um eine verlobte Frau und die Planung des Suizids, wirkten aufgrund ihres Widerspruchs zu christlichen Moralvorstellungen auf Goethes Zeitgenossen skandalös. Vor allem aus kirchlichen Kreisen gab es berechtigte Warnungen vor einem Nachahmungseffekt. Tatsächlich stieg die Zahl der Selbstmorde in den Jahren nach dem Erscheinen des Romans; ein dunkles Kapitel der Wirkungsgeschichte, das unter dem Schlagwort »Werther-Effekt« bekannt wurde.

1787 schuf Goethe eine zweite Fassung des Romans (»Die Leiden des jungen Werther«), die objektivierende Elemente enthält und dem Leser die Identifikation mit der Hauptfigur erschwert. Außerdem ergänzte er darin die Handlung um die sogenannte »Bauernburschenepisode« und veränderte die Figur des Albert positiv, sodass sie dem Ideal der Aufklärung entsprach. (Die im Folgenden zitierten Textstellen beziehen sich ausschließlich auf die erste Fassung; zur »Bauernburschenepisode« vgl. Abschnitt Historischer Hintergrund und Epoche)

Heute gehört das Werk zu den Klassikern unter den deutschen Liebesromanen. Es ist fester Bestandteil gymnasialer Lehrpläne und Lektürelisten, was auch auf die reiche Rezeptionsgeschichte zurückzuführen ist. Zu interessanten Vergleichen regt beispielsweise Ulrich Plenzdorfs Roman »Die neuen Leiden des jungen W.« (1972) an. Plenzdorf bezieht sich explizit auf Goethes Roman, indem er seine Hauptfigur Edgar Wibeau daraus zitieren lässt und dessen eigene Liebesgeschichte mit dem historischen Vorbild verknüpft.

Veröffentlicht am 25. Januar 2010. Zuletzt aktualisiert am 1. Mai 2023.

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