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Katz und Maus

Aufbau des Werkes

Katz und Maus folgt auf der Ebene der Handlung größtenteils einer linearen Chronologie. Allerdings wird dieses Muster direkt zu Beginn durchbrochen. Die erste Szene ist jene, in der die Katze Mahlkes Adamsapfel angreift beziehungsweise auf diesen gesetzt wird. Zu diesem Zeitpunkt kann Mahlke »schon schwimmen« (5), wie der allererste Satz wissen lässt. Die erste Szene schwebt gewissermaßen über der Abfolge der Ereignisse. Auch nachträglich wird diese Szene nicht in den Handlungsverlauf eingegliedert und kann so weiterhin als szenisches Leitmotiv dienen.

Dazu ist noch zu sagen, dass die Novelle nicht mit einem Großbuchstaben, sondern mit drei Punkten anfängt, der erste Satz lautet: »... und einmal, als Mahlke schon schwimmen konnte, lagen wir neben dem Schlagballfeld im Gras« (ebd.). Die Formulierung »... und einmal« wird im ersten Kapitel drei Mal wiederholt und leitet jeweils einen neuen Absatz ein. Damit wird der anekdotische Charakter der einzelnen Szenen hervorgehoben. Gleichzeitig finden sich Anklänge an das Es war einmal des Märchens und außerdem erinnert die Formel an die Art , wie Kinder Geschichten erzählen. Der Ton wird durch den Erzähler Pilenz damit infantil gehalten – was bei einer Coming-of-Age-Geschichte durchaus angemessen erscheint.

Insgesamt fungiert das erste Kapitel als Exposition. Die sich anschließenden Kapitel bauen nun eine Chronologie auf, die von den letzten Schuljahren bis zu den ersten Frontjahren reicht.

Allerdings wird diese Chronologie immer wieder von sogenannten Pro- und Analepsen aufgelöst, also durch Vor- und Rückblenden (28). Auch finden sich über den ganzen Text verteilt immer wieder Szenen, die sich der Chronologie sperren, indem sie sich jeglicher zeitlicher Verortung entziehen. 

Zusätzlich gibt es die Stellen, an denen der Erzähler aus seiner Gegenwart erzählt (86). Auch die in der Nachkriegszeit durchgeführten Recherchebesuche der Erzählers in Duisburg und Braunschweig (38) fügen sich nicht in eine zeitliche Ordnung. Gegen Ende des Buches wird die Jahreszahl 1959 genannt – hieraus lässt sich schließen, dass Pilenz Anfang der 60er mit dem Erzählen anfängt.

Die eigentliche Handlung aber verläuft wie der Krieg. Mit dem Krieg beginnt es – »[a]ls Joachim Mahlke kurz nach Kriegsbeginn vierzehn Jahre alt wurde« (7) – und im fortgeschrittenen Krieg (1944) endet Mahlkes Geschichte.

Durch die vielen der Zeitfolge enthobenen Szenen entsteht ein dynamischer Ereignisfluss, während der eigentlichen Handlung, die sich chronologisch entwickelt, gut gefolgt werden kann. Viele der Szenen, die sich nicht einordnen lassen, können auf den Erzähler zurückgeführt werden. Er hat Probleme sich zu erinnern und setzt oftmals neu an. Daraus entsteht eine sehr lebendige, scharf umrissene Erzählerfigur. 

Als Haupthandlung lässt sich die Binnenhandlung ausmachen, während die Rahmenhandlung dazu dient, den Erzähler hinsichtlich seiner Glaubwürdigkeit als zweifelhaft erscheinen zu lassen.

Veröffentlicht am 16. September 2022. Zuletzt aktualisiert am 20. Oktober 2022.