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Katz und Maus

Kapitel VII

Zusammenfassung

Ein weiterer Kriegsheld kommt in die Schule um einen Vortrag zu halten. Diesmal ist es ein Kapitänleutnant zur See, der auf einem U-Boot erfolgreich Dienst getan hat.

Zum Vortrag sind auch Mädchen der nahen Gudrun-Schule eingeladen. Es kommt zu wenig Interaktionen zwischen den Jungs und den Mädchen, aber es werden Briefchen weitergereicht. Der Erzähler bekommt auf seine Zettelchen keine Antwort.

Nach einer langen Rede des Direktors beginnt der Kapitänleutnant seinen Vortrag, der deutlich weniger anschaulich als der des Fliegers ausfällt. Einerseits zitiert er bloße Fakten über die Schiffsstärke der deutschen Marine, die den Jungs von der Küste aber allesamt geläufig sind. Ansonsten greift er zu pathetischen Natur- und Augenblicksschilderungen, die den Jungs und Mädchen in der Aula eher lächerlich vorkommen. Der Kapitänleutnant erweckt den Eindruck, dass er sich eher ans versammelte Lehrerkollegium als an die Kinder und Jugendlichen wendet. Immer wieder weist Pilenz auf das Ritterkreuz an seinem Hals hin.

Im Anschluss haben die Jungen um Pilenz und Mahlke Turnunterricht. Der Kapitänleutnant nimmt an der Turnstunde teil. In der Umkleidekabine ist der Soldat deutlich nahbarer und beantwortet geduldig die Fragen der Jungs. Auch das Turnen selbst erledigt er mit Bravour.

Beim anschließenden Umziehen jedoch fällt ihm auf, dass sein Orden weg ist.

Die Jungs um Pilenz verdächtigen Mahlke, den Orden gestohlen zu haben. Doch niemand äußert diesen Verdacht. Die Schüler behaupten sogar, der Schüler Buschmann habe den Orden gestohlen. Buschmann hat unglücklicherweise ein ständiges Grinsen im Gesicht. Auch die Ohrfeigen, die der Sportlehrer Buschmann gibt, bringen diesen nicht dazu, mit dem Grinsen aufzuhören. Die Untersuchung verläuft schließlich im Sande.

Mahlke indessen trägt plötzlich eine Krawatte, unter der er vermutlich den Orden versteckt. Er lenkt den Verdacht von sich ab und kommt, trotz intensiver Durchsuchung aller Turnbeutel, mit dem Orden davon. Der Kapitänleutnant resigniert schließlich und geht.

Analyse

Dieses Kapitel stellt den Höhepunkt der Handlung dar. Im Gegensatz zum vorherigen Kriegshelden, der in der Aula spricht, ist der Kapitänleutnant intellektueller und selbstsicherer. Genau dadurch wird er aber auch unsympathischer. Durch sein Auftreten wird die zweite Waffengattung von Mahlke ausgeschieden; auch die Marine hat für ihn keine Zukunft mehr. Dafür tut sich ihm die Möglichkeit auf, schon jetzt in den Genuss des Ordens zu kommen, wenngleich auf betrügerische Weise.

Hier zeigt sich, wie Mahlke sündig wird. Es ist nicht die Onanie-Szene, von der es zwar heißt, dass er sie beichten müsse, doch sie macht ihn nicht schuldig. Schuldig macht ihn erst der Diebstahl und vor allem die Tatsache, dass der Diebstahl auf Kosten Buschmanns zustande kommt.

Während Buschmann von Mallenbrandt geschlagen wird, versteckt Mahlke das Ritterkreuz unter einer Krawatte. Pilenz spricht von »Mahlkes Krawattenpremiere« (79). Daraus erwächst aber keine Tradition, vielmehr dient die Krawatte nur dazu, den verborgenen Orden zu verbergen. Hier zeigt sich, dass Mahlkes Identitätsprobleme sogar noch weiter reichen als bisher angenommen. Es reicht nun nicht mehr etwas zu verbergen, das Verbergende muss verborgen werden. Mahlkes Situation ist eigentlich unlösbar.

Dadurch, dass Buschmann für Mahlke verprügelt wird, verliert Mahlke den Heldenstatus, den er sich bei der Rettung des jungen Schülers zuvor erworben hat.

Eigentümlich ist es, dass Pilenz die Prügelszene humoristisch einfärbt. Allein das groteske Grinsen Buschmanns macht aus der ernsten Situation eine Farce. Das kann aber nicht verdecken, wie schrecklich es ist, was sich da abspielt, schließlich schlägt ein erwachsener Mann (ein Turner sogar) einen Jungen. Dass keine moralische Reaktion von Pilenz kommt, beschädigt auch dessen Bild. Der unzuverlässige Erzähler wird so auch moralisch unzuverlässig.

Veröffentlicht am 10. Oktober 2022. Zuletzt aktualisiert am 20. Oktober 2022.